Wozu Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft?

Michaela Glöckler hat mit Herzblut ein Büchlein auf den Weg gebracht, das eine Stimme der Stunde prätendiert: Seit Längerem erschöpfen Repräsentanten der Gesellschaft, natürlich nicht ganz zu Unrecht, einen Großteil ihrer Kraft im Gestalten von Jubiläen und Gedenken, 100- und 99-jähriger Rückblicke.


Demgegenüber dieses Büchlein, verfasst inmitten all dieser Jubiläen, von einem Menschen, der der Anthroposophie seit Jugend eng verbunden, ein Leben lang treu und im Namen der Gesellschaft eine weltweit geschätzte Repräsentantin worden ist. Und sie fragt darin nach den Aufgaben der Gesellschaft im 21. Jahrhundert. Wohltuend ist, dass sie manche vorliegenden Hemmnisse furchtlos angeht: Statutenfragen der Gesellschaft, Stimmungen an Generalversammlungen, der persönliche Missbrauch des Antrags- und Kritikwesens, vor allem herausarbeitet die spirituelle Basis für die Menschen, die in der Gesellschaft einen Raum des Begegnens, des geistigen und gemeinsamen Fortkommens, Weitergehens suchen. Sie stellt unerschrocken die Frage, ob es denn der Anthroposophie besser erginge, wenn es keine Ansprechadresse mehr für sie gäbe, kein Sekretariat und keine Gesellschaft, die dafür in der Verantwortung steht? Michaela Glöckler macht hier deutlich: Anthroposophie ist ein immerzu umstrittener Kulturimpuls der Epoche. Sie braucht Menschen, die für sie einstehen. Sie benötigt dazu eine Hülle, in der sie dies geschützt erfüllen kann, kompetent und sachlich: mit den Krankheiten, den Schwächen und den Fähigkeiten, die einer Lebenshülle stets anhaften, wenn sie sich Zeit und Menschen ausgesetzt sieht. Gleichzeitig liegt in dieser Einsicht auch die Erkenntnis: Die internationale Anthroposophengemeinschaft ist eine Gemeinschaft der Lebenden wie der Verstorbenen. Es ist diese Gemeinschaft, in der sich die Aufgaben ausformen für fernere und noch nicht absehbare Epochen.

Michaela Glöckler hat betont, das Büchlein sei letztlich an diejenigen adressiert, die sich scheuen, helfend dieser Gesellschaft beizutreten und sie mitzutragen, oder sie aus persönlichen Divergenzen wieder verlassen haben. Ich setze hinzu: Es wendet sich auch an diejenigen, die nicht müde werden, die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft einfach zu ignorieren, sie schlechtzureden oder lächerlich zu machen – obwohl sie doch mit Anthroposophie arbeiten und nicht selten auch von ihr und ihren Einrichtungen leben. Nicht zuletzt ist es eine Rückenstärkung für alle diejenigen, die trotz aller Schwächen und Anfechtungen Mitglieder der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft geworden – und es geblieben sind.


Buch Michaela Glöckler, Die Aufgaben der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft im 21. Jahrhundert, Akanthos Akademie Edition, Stuttgart 2023.

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