«Eine jede Erfahrung, die wir machen, ein jeder Versuch, durch den wir sie wiederholen, ist eigentlich ein isolierter Teil unserer Erkenntnis», schrieb Goethe in einem Briefaufsatz an Schiller (‹Der Versuch als Vermittler von Objekt und Subjekt›).
Wie aus einer Anzahl von Versuchen eine Reihe, eine geordnete Folge von Phänomenen wird, die das Erfassen eines inneren Zusammenhangs zwischen den Phänomenen bereits voraussetzt, ist eine selten thematisierte Herausforderung der goetheschen Forschungsmethode. In den Arbeitstagen wollen wir dies entsprechend der goetheschen Methode anhand von Beispielen bearbeiten.
Im Pflanzenreich metamorphosieren sich die Erscheinungen durch das Leben und erlauben einer Pflanze sich in gegenseitig beleuchtenden Entwicklungsstufen zu zeigen. In der unbelebten Natur ist dies in der Regel nicht der Fall. Goethes Methode, nicht aus Einzelphänomenen Schlussfolgerungen zu ziehen, sondern diese erst in Experimentierreihen zu modifizieren, ermöglicht, nun durch den Experimentierenden, die Entwicklungsphasen sichtbar zu machen. Welche Ansätze erlauben, in einem Erscheinungsfeld mit ungeordneten Phänomenen zu einer Phänomenreihe zu kommen, in der die Phänomene ein Ordnungsprinzip zeigen, das über die Natur des Phänomens eine Aussage machen kann?
Wir werden der Frage nachgehen, ob eine phänomenbasierte Reihe auch eine didaktische Reihe ist. Bedarf es der Experimentierreihe, um Urphänomenales als inneren Zusammenhang zu entdecken, oder ist dies auch im ungeordneten Erscheinungsfeld möglich? Kann man bei Goethes Prinzip der ‹Vermannigfachung› davon sprechen, dass sie auf experimentellem Feld in der Methode Goethes eine ähnliche Rolle spielt wie auf theoretischem Feld die ‹Verallgemeinerung› der klassischen Physik?
Der Beitrag von Matthias Rang ‹Die Nachtseite der Optik› eröffnet die Reihe der Forschungskolloquien der Naturwissenschaftlichen Sektion, hier sind Interessierte besonders willkommen. Das gilt auch für den Vortrag von Johannes Grebe-Ellis: ‹Ein Blick in den Spiegel: Was zeigt er uns – was verbirgt er?›
Quelle Flyer
Programm science.goetheanum.org
Titelbild Glashaus am Goetheanum, Foto: Sofia Lismont