Impressionen zur Coronakrise aus Sicht des Klassenlehrers Frank Thomas aus dem deutschen Harzgebirge.
Ich würde viel, viel lieber in meiner Klasse sein. Aber jetzt erlebe ich deutlich, was im Leben und in der Waldorfpädagogik entscheidend ist: eine Beziehung zu den Menschen aufzubauen. Stark auf den Inhalt reduziert, ist es zwar möglich, digital zu unterrichten, doch fehlt es an Sinneswahrnehmungen, an Atmosphäre. Wie unterrichtet man die Unterstufe, den rhythmischen Teil, Singen und Flötespielen per Mail? Täglich schicke ich Aufgaben und detaillierte Anleitungen an die Eltern: Grifftabellen fürs Flötenspiel, Liedertexte, den Morgenspruch. Freitags schicken die Eltern ein Foto von den Arbeiten der Kinder und einen Bericht. Den Schülerinnen und Schülern fehlt die Schule, sie vermissen ihre Freunde und die Struktur. Manche Eltern sind mit dem Homeschooling schon wegen Zeitmangels schlicht überfordert.
Doch positiv ist, dass Eltern Flöte spielen lernen für die Kinder, sie genießen die gewonnene Zeit mit ihnen und bekommen neue Einblicke in die Unterrichtsgestaltung. Wenn menschliche Begegnungen reduziert werden, erleben wir, wie zentral diese sind. Und es stellt sich eine wichtige Frage in dieser Zeit: Wie souverän sind wir im Denken, im Handeln und im Miteinander und wo sollten wir es sein?