exc-5d81346e29447844308e1649

Wegbereiterin der Gralsmysterien

Über das Buch ‹Odilia. Der Christus-Impuls in Europa› von G. Alfred Kon.


Wer das Buch von Alfred Kon über die heilige Odilie liest, wird die spirituelle Geschichte von Europa neu verstehen lernen. Er wird das untergründige Schicksalsgeflecht erkennen, das hinter der ‹offiziellen Geschichte› gesponnen ist. In weiten Bögen führt es in alte Zeiten, in die Ära des Trojanischen Krieges, zu Iphigenie und Orest nach Tauris (Halbinsel Krim), zur griechischen Göttin Artemis nach Ephesos und später zu der Strömung der Kelten und zu Columban und den iroschottischen Missionaren. Doch mit dem Jahr 666 reißt dieser christlich-esoterische Strom ab, dem Jahr, in dem der Legende nach die ‹Heilige Odilia› geboren wurde.

In spannender und gleichzeitig lehrreicher Weise wird die Vita Odiliae erzählt und sorgfältig durchleuchtet. Während das Bild der Odilie bislang landläufig das einer ‹gewöhnlichen Heiligen› war, gelingt es dem Autor, die eigentliche Bedeutung dieser Individualität herauszuarbeiten. Alfred Kon malt dafür ein Gesamtlebensbild der heiligen Odilie, aus dem heraus deutlich wird, dass diese wundersame Frau den steinigen Weg bis zu den höchsten Einweihungsstufen gegangen ist. So kann sie eingereiht werden in die Nachfolge von Columban und gleichzeitig als Wegbereiterin der Gralsmysterien im 9. Jahrhundert gelten.

 


FO_image (4) Kopie.jpg

 

Doch Alfred Kon zieht ihre Schicksalsfäden durch die Jahrhunderte weiter. Schließlich gelangt er ins 19. und 20. Jahrhundert und stößt auf das Schicksalsnetz um Helmut Graf von Moltke, den Oberbefehlshaber zu Beginn des Ersten Weltkrieges, auf Kaiser Wilhelm II. und andere. Hier geben Übermittlungen von Rudolf Steiner Aufschluss, der nach dem Tod Moltkes von diesem überraschende geistige Botschaften erhielt. Diese münden schließlich in den Schlussakkord des Autors, der uns Gegenwärtige ermahnt, die Impulse des esoterisch-johanneischen Christentums ernsthaft zu pflegen. «Wenn Deutschland seine ureigene Aufgabe – als Ort, wo individuelle, moralisch begründete Spiritualität als hellsichtige Kultur leben darf – nicht erfüllt, gerät die Welt in den Abgrund. Der Odilienimpuls will – im Einklang mit dem Lebenswerk Rudolf Steiners – diesen Abgrund überbrücken.» (S. 144)

Nach 33 Jahren intensiver Forschung an dem Thema hat dieses Buch eine faszinierende Reife erlangt. Eingerahmt wird es von einem Aufsatz des bekannten Priesters Gérard Klockenbring und dem Drama ‹Odilia›, beides in Erstveröffentlichung. Das aus fünf Akten bestehende Drama aus der Feder des Autors wäre es wert, viele Bühnen zu bespielen. Und das Buch ‹Odilia› hätte es verdient, die Herzen vieler Menschen zu erreichen, die auf der Suche nach einem spirituellen Bild der Geschichte Europas sind.


G. Alfred Kon, Odilia. Der Christus-Impuls in Europa. Verlag für Anthroposophie, 2018

Titelbild: Heilige Odilia, Mosaik, Mont-Sainte-Odile, Frankreich. Quelle: Wikipedia, Author: Mattana

Print Friendly, PDF & Email

Letzte Kommentare