Mit seiner aufrechten Körperhaltung verliert der Mensch einen großen Teil äußerer Bewegungsfähigkeit. Zugleich verliert er die Stabilität, die beim Tier durch die Vierfüßigkeit und den tiefen Schwerpunkt gegeben ist.
Der Schwerpunkt des Menschen liegt oberhalb der Körpermitte, etwa in Höhe des ersten Kreuzbeinwirbels. Um stehen zu können, ist ein fortwährendes, vom Bewusstsein begleitetes Gleichgewichtsuchen erforderlich. Deshalb kann ein Mensch, im Gegensatz zum Pferd, nicht im Stehen schlafen. Das ruhige Stehen ist ein pendelndes Kreiseln zwischen rechts und links, vorne (Ballen) und hinten (Ferse). Dies kann jeder bei sich beobachten, der längere Zeit frei stehen muss. […] Das vierfüßige, springende, jagende oder flüchtende instinktgetriebene Tier liefert seinen Kopf und seine Glieder der Schwere aus und befreit sich zugleich durch seine Bewegungsfähigkeit. Der aufrechte Mensch hebt die Arme und den Kopf zum Licht und findet im Bewusstsein die Welt und sich selbst, andererseits stellt er die Beine ganz auf die Erde und erlebt im labilen Schwanken die Kraft seines Erdengewichtes.
Aus Thomas McKeen, Wesen und Gestalt des Menschen. Stuttgart 1996, S. 110.
Grafik Sofia Lismont