Nicht wissen zu wollen, ob es gut oder schlecht ist, das ist der Weg zum Spiel. Spiel ist der unbeschwerte Impuls, sich auf einen Stuhl zu setzen mit der Vorstellungskraft, es sei ein Sattel, ein Thron, ein Jägersitz, und alle Glieder, selbst die der Menschen drumherum, folgen dem Bild.
Diese Leichtigkeit im Denken und Handeln macht den Unterschied. So wie in Kirchen Wasser zu Weihwasser, der Tisch zum Altar wird, so setzt das Theater, setzt die Bühne den magischen Rahmen, in dem sich alles und alle verwandeln – zum Spiel. «Ich liebe es, Theater zu spielen, es ist so viel wirklicher als das Leben!», sagte Oskar Wilde. Ja, Spiel ist präzise, ernst und wirklich.
Dabei zählt: Jemand muss zuschauen! Die Spielende weiß, dass sie gesehen wird, und vermag es sogleich zu vergessen. Dabei zählt auch: Der Spielende muss die einzigartige Geste wieder und wieder spielen können, denn im Nocheinmalkönnen liegt die Präsenz, die Kraft der Struktur. Wenn Vernunft die Handlung bestimmt, ist alles verloren, die Vernunft hat eine höhere Aufgabe: Sie bringt Bewusstsein ins Spiel, damit das Einmalige wieder und wieder gelingt. So wird Spiel zur Kunst. Wo die Vernunft ordnen und bewerten will, erlischt das Spiel, denn spielen heißt, Fehltritte zu machen – sie führen zum besten Spiel.