Was meine ich mit menschlicher Evolution?

Der Evolutionsweg des Menschen verlief in eine Richtung, welche sich von derjenigen der ihm verwandten Säugetiere prägnant unterscheidet.


Die Säugetiere ordneten sich in die auf der Erde vorhandenen Umweltgegebenheiten ein und passten sich in ihrem Verhalten und ihrer Körpergestalt an die Daseinsbedingungen an. Im Gegensatz dazu hat sich der Mensch im Lauf seiner Entwicklung von dieser Abhängigkeit gelöst. Durch Steigerung seiner seelisch-geistigen Fähigkeiten erlangte er die Möglichkeit, sich vom Zwang der äußeren Umstände frei zu machen. Dabei kommt der verlängerten Kindheits- und Jugendzeit eine grundlegende Bedeutung zu. Durch die elterliche Fürsorge bleibt der junge Mensch lange davor bewahrt, sich den rauen Lebensbedingungen, das heißt dem Kampf ums Dasein, exponieren zu müssen. In dieser behüteten Zeit entwickelt der junge Mensch die seelischen und geistigen Kräfte, durch die er eine neue Daseinsstufe erringt. Alle die Eigenschaften, der aufrechte Gang, der freie Gebrauch der Hände, die hohe Stufe seiner Großhirnentfaltung, die Sprache, die Ablösung des instinktgebundenen Verhaltens durch ein dem Denkvermögen entspringendes Handeln, konnten nur auf Grundlage der behüteten Kindheit und Jugend sich ausbilden.


Aus: Friedrich Kipp, Die Evolution des Menschen im Hinblick auf seine lange Jugendzeit, Stuttgart 1991.

Grafik: Sofia Lismont

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