Einblicke in die Vielfalt des Kunstschaffens aus der Anthroposophie – ein fulminanter Abschied von Marianne Schubert aus der Leitung der Sektion für Bildende Künste.
Marianne Schubert verabschiedet sich aus der Leitung der Sektion für Bildende Künste mit einer Kaskade von Ausstellungen: zunächst, von Ende September bis Anfang Dezember, zeitgenössische, von Anthroposophie inspirierte Malerei aus Tiflis/Georgien, die sie vor Ort, in den Ateliers von Künstlern entdeckt hat. Dann, am Wochenende des 1. Advents, die große Verkaufsausstellung mit 180 aktuellen Werken von 80 der Anthroposophie verbundenen Künstlern aus dem Dreiländereck Basel, wieder verbunden mit einer Auktion von hochkarätigen Werken verstorbener Meister wie Alo Altripp, Beppe Assenza, Walter Besteher, Ninetta Sombart, Albert Steffen, Stanislaus Stückgold oder Gerard Wagner. Parallel dazu waren an diesem Wochenende auch Werke des ungarischen Malers Zoltán Döbröntei und seiner Schüler zu sehen, die an der Novembertagung der Sektion mitgewirkt haben.
Damit war – wie schon im vergangenen Jahr – wieder ein Einblick in die große Vielfalt des Kunstschaffens aus Anthroposophie sichtbar: von Werken, die explizit an die Anfangszeit des anthroposophischen Kunstimpulses anknüpfen, über solche, die auch in Auseinandersetzung mit der allgemeinen Kunstentwicklung der vergangenen 100 Jahre entstanden sind, bis hin zu ganz eigenständigen Setzungen. Neben Malerei gab es auch Skulpturen und einige fotografische Arbeiten zu sehen.
Blicke schärfen
Die Wahrnehmung einer solchen Vielfalt an individuellen Zugängen ist außerordentlich bereichernd und schärft den persönlichen Blick auf Qualitäten. Zugleich erzeugt dieses unmittelbare Nebeneinander auch nicht immer leicht auszuhaltende Spannungen, nicht zuletzt für die ausstellenden Künstler selber. Doch auch dieses Mal war erlebbar, wie durch die integrierende Kraft von Marianne Schubert, die die eingelieferten Bilder mit einigen Helfern im Schreinereisaal inszeniert hat, nicht einfach ein Sammelsurium entstanden ist, sondern jeder Ansatz seine Würdigung gefunden hat – egal, ob es sich um klassische Aquarell-Schichtmalerei, Farbfeldmalerei, grafische Metamorphosen, verschiedene Wege in die Abstraktion, naturalistische Vogeldarstellungen auf leuchtend-farbigen Gründen, symbolisierende Darstellungen oder um Bildfolgen handelte, die aus der Beschäftigung mit Heilpflanzen im Jahreslauf entstanden sind. Unter den Skulpturen waren filigrane Kompositionen ebenso wie organische oder kristalline Formen in Holz und Stein, Gestaltungen aus gebogenem Eisen und Stahl oder Stelen aus Beton oder Holz zu sehen.
Christusmitte bilden
Die in einem gesonderten Raum gezeigten Bilder der ungarischen Künstler, die meist farbige Verdichtungen bis ins Figürliche zeigen, verstehen sich als dezidiert christliche Kunst, wie sie nach der in einem Vortrag dargelegten Auffassung von Zoltán Döbröntei als eigentliche Aufgabe der durch Anthroposophie erneuerten Kunst gesehen wird – quasi als ‹wahre Bilder› eine Mitte bildend zwischen Abstraktion und Naturalismus.
Wie unterschiedlich jedoch eine solche Aufgabe verstanden werden kann, zeigt nun die bis zum 15. Dezember zu sehende Ausstellung von Jasminka Bogdanović: ‹An der Schwelle einer von weit her vertrauten Welt›. Auch wenn ihre Bilder – abgesehen von den eine ganz eigene Werkgruppe bildenden Porträts – oft ungegenständlich sind, sich aus miteinander verwebenden Farbverläufen und Strukturen bilden, folgen sie konkreten inneren Motiven, die mir durchaus ebenso als Ausdruck eines individuell ergriffenen Christentums erscheinen.
Auch die georgischen Künstler, die noch deutlicher als die Ungarn in einem östlichen Entwicklungsstrom stehen, sind vielfach christlich inspiriert. Ihnen gelingt es, eine geradezu musikalische Leichtigkeit mit seelischer Tiefe zu verbinden, sodass man schauend in eine Welt wachenden Träumens eintauchen kann, wie sie auch den heute noch lebendigen alten Mythen dieses Landes entspricht.
Brücken in die Landschaft
Die auf großer Selbstlosigkeit beruhende integrative, aber nie gestaltlose Kraft von Marianne Schubert lag ihrer ganzen sechsjährigen Leitungstätigkeit der Sektion zugrunde. So konnte sie manche Gräben zwischen den die Sektion bildenden Kunstschaffenden überbrücken. Dass dieses unentwegte sozialkünstlerische Engagement trotz aller damit verbundenen Freude auch an ihren Kräften gezehrt hat, ist ebenfalls zu spüren. Sie konnte dies leisten durch ihre tiefe Verbundenheit mit dem Goetheanum und dem umgebenden Gelände, an dessen Gestaltung sie bereits in den 1990er-Jahren als Architektin und Landschaftsarchitektin mitgewirkt hat. Die Erforschung dieses Geländes als Erlebnisraum, seines geschichtlichen Werdens und von Rudolf Steiners landschaftsgestaltendem Impuls ist ihr ein tiefes Herzensanliegen, das sie auch weiter verfolgen wird – mit dem Ziel einer Buchveröffentlichung. Die Verkaufsausstellungen und Auktionen dienten auch zur Finanzierung dieses Projektes.
Fotos: Sektion für Bildende Künste