Leserreaktion zu Maja Rehbeins Rezension zum Buch von D. Bosse ‹Anthroposophie im Osten› in ‹Goetheanum› 6/2023.
Dass dies eine «sorgfältige […] Darstellung» sei, kann ich, der 30 Jahre aktiv an dieser anthroposophischen Arbeit in der DDR beteiligt war, nicht sehen. Die Auswahl des Geschilderten ist subjektiv, mangel- und teilweise fehlerhaft. Leider! Denn es ist unbestritten eine lobenswerte Initiative, endlich einmal die umfangreiche, intensive anthroposophische Arbeit in der DDR zu beschreiben und zu dokumentieren. Aber es sollte doch auch alles der Wahrheit entsprechen! Die Vermischung von sachlicher Darstellung und persönlichen Erlebnissen des Verfassers mit teilweise fragwürdigen Schlussfolgerungen verwischt für mich eher ein klares Bild. Was richtiggestellt werden muss, ist u. a. Folgendes:
• Von den Gemeinden der Christengemeinschaft sind Gera und Halle gar nicht aufgeführt. Görlitz und Stralsund sind irrtümlich als Filiale bezeichnet. Chemnitz war eine Gemeinde mit Filialen in Annaberg und Stollberg, Zwickau eine Gemeinde mit Filialen in Auerbach und Plauen.
• «Die anthroposophische Bewegung gab es nicht.» (S. 16 im Buch) Wie kann eine solche Fehlaussage in einem solchen Buch abgedruckt werden!
• Die Aussage auf Seite 51: «Die Bestimmungen der DDR verboten strengstens jegliche Verwendung von Wohnraum zu kirchlichen Zwecken» ist nicht vereinbar mit der Tatsache, dass bis in die 1980er-Jahre in Annaberg und Frankfurt/Oder zum Beispiel sehr wohl die Rituale der Christengemeinschaft in privaten Räumen stattfanden (in Frankfurt/Oder von mir persönlich bei der Polizei angemeldet).
• Das ‹Haus auf dem Berge› bei Hauteroda war das Freizeitheim der Christengemeinschaft, dort fand niemals heilpädagogische Arbeit statt (wie irrtümlich schon auf der Buchrückseite vermerkt ist), diese war wirksam im Dorf Hauteroda. Überall, wo Menschen durch die Christengemeinschaft zu neuem Denken impulsiert waren, fanden sich diese darüber hinaus auch zu anthroposophischer Arbeit zusammen, sodass anthroposophisch bewegtes Gedankengut als Träger der anthroposophischen Bewegung viel verbreiterter war, als im Buch geschildert. Zwar sind viele Aktivitäten in dem Buch festgehalten, aber nur ein mangelhafter Eindruck von der damals viel weiter verbreiteten, in besonderer Weise intensiven Vertiefung in Anthroposophie wird vermittelt. Wer sich für dieses Buch interessiert, sollte diese Gedanken in sein Interesse und die Beurteilung einbeziehen.
Buch Dankmar Bosse. Anthroposophie im Osten Deutschlands zu DDR-Zeiten. Edition Immanente, Berlin 2022