Verlegerisches Urgestein

30 Jahre leitete Jean-Claude Lin den Verlag Freies Geistesleben. Zum Abschied aus der Verlagsleitung kamen am 22. Juli über 100 Gäste ins Rudolf-Steiner-Haus Stuttgart.


Maria Kafitz leitet künftig mit Claudius Weise den Verlag Freies Geistesleben. Rechts: Jean-Claude Lin. Foto: W. Held

Sebastian Lorenz, einer der Treuhänder des Verlags, führte durchs bunte Programm aus Musik, Erinnerung, Vorblick und Dank. Andreas Neider, ein Weggefährte von Jean-Claude Lin, erinnerte an die auflagenstarken 80er-Jahre, als von ‹Angstfrei Lernen – Selbstbewusst Handeln› von Stefan Leber über 100 000 Bücher verkauft wurden. Als ‹Krönung› bezeichnete Neider dann die Reihe ‹Perspektiven der Anthroposophie› im Fischer-Verlag. Jean-Claude Lins Sprachkenntnis half der Internationalisierung der Anthroposophie in den folgenden Jahren, denn er machte möglich, dass viele Bücher in anderen Sprachen erschienen. Christian Boettger, Bund der Freien Waldorfschulen, zitierte aus ‹Weiterkommen – Die sieben Freien Künste der inneren Entwicklung›, dem jüngsten Buch von Jean-Claude Lin. Ich selbst, als Autor des Verlags, zeigte, dass unser Verlagsoberer selbst ein Buch sei bzw. dessen Eigenschaften personifiziere. Ein Buch müsse schön sein, ein Buch müsse klug sein, ohne klug sein zu wollen, und ein Buch müsse die Welt verändern wollen und zugleich nur für mich als Lesenden geschrieben sein. Das alles trifft auf Jean-Claude Lin zu. Wäre er ein Buch, so fügte er sich aber nicht ins Regal, denn bei aller Eleganz und Sprachfertigkeit ist der große Verleger Lin doch mitunter eigen und sperrig in seinen Ansichten. Für ein gutes Buch gilt außerdem, dass man es auf jeder Seite aufschlagen kann und einen Einstieg findet. Nicht anders ist es bei Lin. Mit seinem Humor öffnet er in jeder Lebenslage die Tür fürs Gespräch. Justus Wittich dankte dem scheidenden Verleger und betonte wie auch andere vor ihm, dass es Jean-Claude Lin zu verdanken sei, dass der Verlag auch nach wirtschaftlich schwierigen Jahren vital bestehe. Am Schluss stellte sich das neue Verlagsquartett Sylvia Detzel, Maria Kafitz, Michael Stehle und Claudius Weise vor. Umrahmt von Beethoven, Liszt und Lins reicher Kinder- und Kindeskinderschar, war der Abschied ein Fest – auch deshalb, weil der Jubilar zwar von der Brücke, aber nicht von Bord geht.

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