Hilma af Klint (1862–1944) ist heute eine der beliebtesten Künstlerinnen der Welt. Ihre Ausstellung 2018 im New Yorker Guggenheim-Museum war die bestbesuchte aller Zeiten.
Die Wiederentdeckung ihres frühen abstrakten Werks schrieb die bisherige Kunstgeschichte um. Dennoch stellte af Klint, die ihren letzten Lebensabschnitt der Anthroposophie gewidmet hat, ihre Werke zu Lebzeiten nur selten aus. Sie wusste, dass sie ihrer Zeit voraus und die Welt noch nicht bereit war, ihr Werk zu würdigen. Deshalb bat sie darum, dass es erst 20 Jahre nach ihrem Tod ausgestellt werden sollte. Es dauerte 40 Jahre, bis die kunsthistorische Welt auf sie aufmerksam, und weitere 60 Jahre, bis sie von der internationalen Kritik aufgenommen wurde. Zu Beginn dieses Jahres wurde ein Biopic über af Klints Leben produziert. Diese Geschichte zeigt, wie Ideen ankommen und in die Erde gepflanzt werden können, lange bevor ihre Zeit gekommen ist, um zu reifen und im breiteren Bewusstsein zu blühen. Vielleicht ist dies auch für Anthroposophie der Fall. Vielleicht können anthroposophische Impulse eines Tages aufblühen, Früchte tragen und sich in einem viel größeren Umfang verbreiten, als es heute der Fall ist. Es geschieht bereits langsam. Vielleicht gibt es neben den Auswüchsen des Materialismus und der Technik in Erziehung, Landwirtschaft und Medizin eine Gegenströmung, die uns zur Geisteswissenschaft führt. Vielleicht inspiriert der Wahn des konsumorientierten, hyperindividualistischen Daseins und der Fastfood-Spiritualität einen Gegenwind hin zu geerdeten, gemeinschaftsorientierten und sich langsam entwickelnden Wegen. Dies ist nicht gewiss, und es sollte uns nicht selbstzufrieden machen, aber in schwierigen Momenten kann es uns helfen, daran zu denken. Gut aufbewahrt, können manche Samen über Jahrhunderte hinweg keimfähig bleiben.
Titelbild Hilma af Klint, “The Ten Largest”, Solomon R. Guggenheim Museum in New York im 2018. Ausstellungsansicht. Foto: Ryan Dickey (Evanston, IL/Chicago) CC 2.0.
