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Unser Beitrag zur Klimaerwärmung — Die substanzielle Wirkung von ‹Ändert euren Sinn›

Unser Atmen ist Bild unseres lebendigen Verflochtenseins mit der Welt. Wir nehmen etwas von außen auf und geben aus unserem Inneren wieder etwas an die Außenwelt ab.


Der Atmungsprozess zeigt sich im Heben und Senken der Brustregion, er wird gefühlt im Strom der Luft durch Nase und Mund und drängt sich schließlich in der Lebensnot der beiden Extremsituationen ins Bewusstsein herauf. Unsere heutige Vorstellungsweise verbindet ‹Stoffliches› mit diesem Prozess, partikelchengleich. Dass diese Vorstellungsweise nur begrenzte Gültigkeit besitzt, zeigt sich im erneuten Blick auf das Atmen: Wären es wirklich stoffliche Partikel, die wir atmen, dann wäre das lebensgefährlich. Auch der Pflanze wird ein entsprechender Atmungsprozess zugeordnet. Aus Licht und Luft formt die Pflanze eine sichtbare Gestalt und verbreitet dabei um sich ein Milieu, das atmenden Wesen wie Tier und Mensch den zuvor beschriebenen Atmungsprozess erlaubt.

Drei Ebenen des Atmens

Insofern Atmen den lebendig-rhythmischen Austausch von Innen und Außen meint, können auch das Verdauungsgeschehen und das Leben in und mit den Sinneserfahrungen als Atmungsprozesse aufgefasst werden.

In allen drei Atmungsbereichen haben wir es mit einem Bild des existenziellen Verwobenseins der menschlichen Innenwelt und der umgebenden Außenwelt zu tun. Im irdischen Dasein ist das der Wechsel vom nicht sichtbaren Inneren zum sichtbaren Äußeren.

Der Atmungsprozess im Verdauungsbereich ist unserem Bewusstsein am wenigsten zugänglich, ist unserem Bewusstsein am weitesten entlegen. Die Art und Weise des Atmens im Bereich der Mitte rückt unserem Bewusstsein schon näher. Sie kann sogar – zum Beispiel beim Yoga – durch Atmungstechniken so dirigiert werden, dass daraus Erkenntnisverwandtes aufleuchten kann.

Erst im Bereich der seelischen Beobachtung des Atmens in der Sinneswirklichkeit können wir ganz mit unserem Wachbewusstsein zugegen sein. Hier können wir anschauend verfolgen, wie sich ein nicht sichtbares Übersinnliches (das, was wir philosophisch abstrakt den Begriff nennen) mit dem Sinnlichen zu dem verbindet, was wir Wirklichkeit nennen. Wahrnehmung und Begriff verbinden sich zur Wirklichkeit, die seelische Beobachtung dieser Gegebenheit nennt Rudolf Steiner «Licht-Seelen-Prozess».(1) Hier können wir an einem Weltenprozess unmittelbar teilhaben. Wir können beobachten, wie ein Übersinnliches gestaltend ins Sinnliche eingreift. Die so entstehende Wirklichkeit berichtet damit von dem, was sich als Natur der Sache, als Wesen, als Begriff im Sinnlichen offenbart. Die sinnliche Erscheinung ist Bild dessen, was darin zur Erscheinung kommt.

Wir können also die Sinneswirklichkeit dergestalt entgegennehmen und beschreiben, dass wir nicht einen vorgestellten Gegenstand, sondern eine seelisch-geistige – und als solche vorstellungsfreie – Situation beschreiben, in der wir uns gerade im Moment ihrer sinnlichen Offenbarung befinden. Am Sinnlichen können wir den Blick wenden auf das in der Sinneswirklichkeit sich selbst beschreibende und bezeugende, mithin anwesende Übersinnliche.

Befreiung aus dem Partikel

Im sogenannten ‹Landwirtschaftlichen Kurs› (GA 327) transponiert Rudolf Steiner ausgewählte chemische Elemente zu bestimmten geistig-seelischen Gesten. Er befreit sie damit zugleich von ihrem Gefangensein in Partikelchen-Vorstellungen. Der Kohlenstoff wird dort als Träger von Gestaltungen beschrieben, der Sauerstoff ist dasjenige, was diese Gestaltungen nach außen trägt. «C: da ist der Geist zu finden, der gestaltet» und «O: da ist das Leben zu finden, das die Gestalt nach außen führt», notiert Rudolf Steiner vorbereitend auf seine Vorträge in Koberwitz.(2) In dem unserem Bewusstsein zugänglichen Atmungsvorgang des Licht-Seelen-Prozesses entspricht dem Kohlenstoff der übersinnliche Begriff, der im Sinnlichen zu den Gestaltungen führt, mit denen wir es in der irdischen Wirklichkeit zu tun haben.

Folgen wir dabei allein der Geste des Ausatmens, in der mithilfe des Sauerstoffes der Kohlenstoff nach außen geführt wird (wir atmen CO₂ aus), dann unterliegen wir dem einseitigen und heute dominierenden Materialismus. Fassen wir aber die sinnliche Erscheinung als Bild einer seelisch-geistigen Situation auf, die wir dadurch erleben können, dass diese unsere Befindlichkeit gestaltet, dann wenden wir unseren Blick ins Geistige: «Man muss in dem Erlebnis untertauchen, man muss eins mit ihm werden können; man muss dies bis zu einem solchen Grade können, dass man sich außerhalb seiner eigenen Wesenheit erschaut und in der anderen Wesenheit drinnen fühlt. Es findet eine Verwandlung der eigenen Wesenheit in die andere statt, mit welcher man das Erlebnis hat. […] Alles Erleben beruht darauf, dass man sich zum Bewusstsein bringt: Jetzt bist du in ‹dieser bestimmten Art› verwandelt, also bist du lebensvoll mit einem Wesen zusammen, das durch seine Natur die deinige in ‹dieser› Weise umwandelt. Dieses Sich-Umwandeln, dieses Einfühlen in andere Wesenheiten ist das Leben in den übersinnlichen Welten. Durch dieses Einleben lernt man die Wesenheiten und Vorgänge dieser Welten kennen. Man bemerkt auf diese Art, wie man mit der einen Wesenheit in dieser oder jener Art verwandt ist, wie man einer anderen durch seine eigene Natur ferner steht.» – So weit Rudolf Steiner. (3)

Folgen für das Leben auf der Erde

Statt aber in dieser Weise unseren Blick meditativ nach innen zu wenden und den Träger der Gestaltungen – den Kohlenstoff – mit seiner Herkunft in unserem Inneren in einem lebendigen Bezug zu bewahren, veräußern wir ihn und reichern ihn in der uns umgebenden Lebenssphäre in Form der übersteigerten Kultur des Materialismus an. Die Art unseres meditativen Lebens zeitigt Folgen – bis hin zum Substanziellen – für die Welt.


(1) Siehe Vortrag vom 30. November 1919 in GA 194.
(2) Siehe GA 327, Dornach 1999, S. 279.
(3) Rudolf Steiner, Die Schwelle der geistigen Welt. GA 17, Dornach 1987, S. 53–54.

Foto: Xui Li

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