Das Eurythmeum CH zeigte am 10. November im Großen Saal des Goetheanum Szenen aus dem Lukas-Evangelium.
Wie lassen sich Szenen und Bilder eines Evangeliums in ihrem inneren Gehalt darstellen? Eurythmeum CH wählte in seinem Programm ‹Weit spannt meine Seele sich …› als Einstieg eine Komposition von Arvo Pärt, ‹Spiegel im Spiegel›. Die eurythmische Umsetzung zeigte einen stetigen, nie endenden Strom an Eurythmisten in einer Linie, begleitet von Gruppen und individuellen ‹Einschlägen›. Was zunächst als endloses Geschehen erschien, durchlief Wandlungen, bis sich im Schlussbild die Gruppen in einer gemeinsamen Form ‹rundeten›.
Die Seele wurde auf diese Weise für ein innerliches Geschehen geöffnet: die Begegnung zwischen Elisabeth und Maria. Diese und die weiteren Szenen bis zur Taufe waren bewegt-lebendige Bilder eines Geschehens, das in der ätherischen Welt eingeprägt ist und hier eine – kulturell tradierte – Darstellungsweise fand, in ihrer Schlichtheit freilassend und aus einem Strom heraus gestaltet, Entwicklungen aufzeigend. So waren die Hirten warmherzig mit ihrer Herde als nahem Umkreis verbunden, mit Erscheinen des «Engels des Herrn» waren sie erschüttert, um nach der Offenbarung aufrecht und erfüllt mit innerem Licht in die Welt zu gehen. Im Zuge der Taufe durch Johannes hielten die zuvor bewegten Wasserwesen inne, nun durchlichtet aufrecht stehend. Die Passagen wurden mal erzählt, gezeigt, mal fielen Erzählung und Darstellung zusammen. Man wurde Zeuge einer zeitlichen Weite von etwas, was einst gewesen war und weiterhin Gültigkeit und Wirksamkeit hat.
Die ausgewählten Bilder ergaben mit den Kompositionen ein dichtes Gesamtbild über das Geschehen des Evangeliums – die Seele konnte meditativ eintauchen, sehen und aufnehmen, wie das Seelische mit dem Weltgeschehen lebt, etwa durch Verarbeitung in der Willenssphäre und Blick in das Wirken bis in die Hierarchien.
Wie sich das große Ensemble mit Studierenden des zweiten bis vierten Ausbildungsjahres in den Dienst des Evangeliums und seiner Vertiefung durch die Musiken (unter anderem von Jitka Koželuhová) stellte, hatte selbst etwas Christliches. Die Aufführung war Teil der Studientagung ‹Das Lukas-Evangelium› der Sektion für Schöne Wissenschaften. Gabriela Jüngel