Vor zwanzig Jahren brachte der Verleger Frank Berger, Verlag Urachhaus, eine Sammlung von Texten über Luzifer heraus. ‹Luzifer – Facetten eines Verführers›.
Ruth Ewertowski schaut im Kapitel ‹Die Scham des Guten› mit Nietzsches Augen auf Luzifer. Er sei nicht müde geworden, das Luziferische der Moral herauszustellen, ihre Selbstgefälligkeit, und das Ahrimanische, ihre Nützlichkeit. Das Gute, das sich präsentiert, ist schon gefallen, es brauche also die Verhüllung. Dann zitiert sie Nietzsche aus ‹Jenseits von Gut und Böse›: «Alles, was tief ist, liebt die Maske; die allertiefsten Dinge haben sogar einen Hass auf Bild und Gleichnis. Sollte nicht erst der Gegensatz die rechte Verkleidung sein, in der die Scham eines Gottes einherginge? … Es gibt Vorgänge so zarter Art, dass man guttut, sie durch eine Grobheit zu verschütten und unkenntlich zu machen; es gibt Handlungen der Liebe und einer ausschweifenden Großmut, hinter denen nichts rätlicher ist, als einen Stock zu nehmen und den Augenzeugen durchzuprügeln: damit trübt man dessen Gedächtnis … Es sind nicht die schlimmsten Dinge, deren man sich am schlimmsten schämt: Es ist nicht nur Arglist hinter einer Maske, – es gibt so viel Güte in der List. Ich könnte mir denken, dass ein Mensch, der etwas Kostbares und Verletzliches zu bergen hätte, grob und rund wie ein grünes altes schwer beschlagenes Weinfass durchs Leben rollte: die Feinheit seiner Scham will es so …»
Foto: Der stürzende Luzifer im Menschheitsrepräsentanten, Xue Li, 2018