Das digitale Lernportal ‹E-learning Waldorf› bietet für Pädagoginnen und Pädagogen von September 2023 bis Juni 2024 eine interaktive Onlineschulung zur Rassismussensibilisierung in Waldorfschulen an. Ein Gespräch mit den Kursleiterinnen Maria Umbach und Mirjam Nuenning.
Warum ist ein Kurs zur Rassismussensibilisierung wichtig?
Wir leben in einer Gesellschaft, in der rassistische Denkmuster, Glaubenssätze und Vorurteile uns alle bewusst und unbewusst prägen. Dies hat eine jahrhundertelange Tradition. Die Auswirkungen von Rassismus zeigen sich auf individueller, struktureller und institutioneller Ebene – auch in unseren Schulen. Bildungseinrichtungen tragen nicht nur die Verantwortung, ihre eigenen Strukturen kritisch zu hinterfragen, sondern auch Ausschluss und Diskriminierung in jeglicher Form entschieden entgegenzutreten. Wir hoffen, einen Beitrag dazu zu leisten, dass Antirassismusarbeit in Waldorfschulen normalisiert wird und zu einem handlungsleitenden Aspekt der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Waldorfpädagogik wird.
Wie sieht ein sensibler Umgang mit Rassismus im Schulkontext aus?
«I don’t want to be included. Instead, I want to question who created the standard in the first place.» (Reni Eddo-Lodge, 2018, Dt: «Ich möchte nicht inkludiert werden. Stattdessen will ich hinterfragen, wer den Standard überhaupt festgelegt hat.») Zunächst einmal ist es wichtig, eine Umgebung zu schaffen, in der Diversität als Selbstverständlichkeit und Bereicherung erlebt und gelebt wird. Eine Umgebung, in der sich alle Mitglieder einer Schulgemeinschaft gesehen und repräsentiert fühlen. Die kontinuierliche, kritische Selbstreflexion der Pädagoginnen und Pädagogen ist ein weiterer wichtiger Schritt. Eine antirassistische Haltung erfordert das ehrliche Eingeständnis, Teil des Problems zu sein. Welche tief verinnerlichten rassistischen Vorurteile prägen uns und wie beeinflusst dies unseren Unterricht und unseren Umgang mit den Familien und Kindern? Welche Perspektiven vermitteln wir in unseren Lehrinhalten und welche nicht? Welche Bücher lesen wir, welches Material benutzen wir? Welche Ausschlüsse und Verletzungen produzieren wir durch unseren Sprachgebrauch? Auf gesamtschulischer Ebene müssen wir uns fragen, ob eine Atmosphäre gepflegt wird, in der Rassismus besprechbar ist. Und ob es schulinterne Ressourcen und Expertise gibt, um rassistische Vorfälle aufzuarbeiten.
Was sollen die Teilnehmenden aus diesem Kurs mitnehmen?
Wir wünschen den Teilnehmenden, dass sie die Inspiration mitnehmen, die bereits im Kurs (oder auch schon früher) begonnene rassismuskritische Reise fortzuführen und in ihre Kollegien zu tragen. Rassismuskritisch zu denken, zu handeln und zu leben ist ein lebenslanger Prozess, der niemals wirklich endet und in dem wir immer Lernende bleiben.
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Bilder Maria Umbach, Mirjam Nuenning, Fotos: Martin Grünheit, Ralf Steinberger