Gab es zuvor in der menschlichen Geschichte nur Kämpfe, so ist es nun der erste Krieg, ein Krieg, in dem die Götter Partei ergreifen, ein Krieg, nicht um der Macht willen, sondern um Helena, um der Schönheit willen – der Trojanische Krieg.
«Besinge, oh Muse, den Zorn des Achill», so lässt Homer das Epos über diesen mythischen Kampf der Welten beginnen und schreibt so erstmals nieder, was ein einzelner Mensch fühlt und empfindet. An diesen Anfang der Seele geht Goethe in der Mitte von ‹Faust II›. Helena ist wieder zu Hause in Sparta, doch anders, als es der Mythos will, sieht Goethe ihr Glück nicht bei Menelaos, sondern bei Faust. Wie kann der Streit um das Schöne, der Streit für das Schöne von der Antike in die Neuzeit gelangen?
In der Probe dieser Szene stehen sich Barbara Stuten als Phorkyas alias Mephisto und Martje Brandsma als Helena diagonal auf der Bühne gegenüber. «Wie hässlich neben der Schönheit zeigt sich Hässlichkeit», kommentiert der Chor und Mephisto erwidert: «Wie unverständig neben der Klugheit Unverstand.» Der Szene ist in ihren vielen Anspielungen auf die Antike nicht leicht zu folgen, aber dieser Moment erklärt viel: Helena in der Neuzeit ist schön und klug. Klugheit und Schönheit werden eins.