Schauspiel und Meditation

Im Januar spielt die Goetheanum-Bühne ‹King Lear› in der Regie von Andrea Pfaehler. Jetzt hat der frühere Regisseur Christopher Marcus die Spielenden für einen Workshop in Meditation besucht.


Man spiele auf der Bühne verschiedene Rollen und Identitäten und müsse sich deshalb der eigenen Identität umso sicherer sein. Dabei seien die Emotionen, die man entfalte, eng an das eigene Schattenwesen geknüpft. Ohne diese vom Doppelgänger impulsierten Gefühle bliebe nur ‹kalter Kaffee› als seelische Ressource. Es sei, so Christopher Marcus, der Geburtsmoment, an dem in der Passion dieses Inkarnationsmoments alle Emotionen in den Leib sich einschreiben würden. Wer dann in der Schauspielarbeit in der Biografie bestimmte Gefühle nicht auffinden könne, der oder die müsse dann nur an diesen so schmerzvollen Inkarnationsmoment zurückgehen. Schauspielschulung im Sinne von Stanislavsky bedeute nun, sich diesem Erlebnistableau anzunähern, was nicht empfehlenswert sei. Vielmehr gehe es darum, zu seinen biografischen Emotionen ein solches Verhältnis zu bekommen, dass man sie spielen könne, ohne von ihnen beherrscht zu werden. Marcus betonte, dass diese Lösung von den eigenen Emotionen sich behutsam abspielen müsse, weil man in die Gefahr komme, gefühlsarm zu werden, und damit wieder ‹kalter Kaffee› erscheine. Wenn es langsam geschehe, verliere man nicht die Gewissheit, wer man selbst sei. Dann sprach er über den Wesenskern von uns Menschen: Er sei unabhängig von der Seele, von dem Leib, vom Schicksal und sei so mächtig, dass es ihn zersprengen würde, wenn er sich vollständig im Leib verwirkliche. Deshalb müsse man mit dieser höheren Ichkraft so vorsichtig sein. Christopher Marcus ist durch seine Tätigkeit als Mediator bei religiösen und spirituellen Fragen mit vielen Glaubensrichtungen verbunden. Aus dieser Erfahrung betonte er, dass es in spirituellen Schulungen darum gehe, diese Ichkraft so herunterzuholen, dass man ihr dienen könne, denn die Wahrheit liege in dieser Kraft. Jedes Bild über die geistige Welt sei falsch, weil man sich das Geistige nicht vorstellen könne. Es sei, auf der Vorstellungsebene wörtlich genommen, ‹undenkbar›, wohl aber ‹erlebbar›. Dann folgten Übungen: meditatives Schreiten, in der Landschaft still sitzen. Christopher Marcus will die Arbeit mit dem Ensemble fortsetzen.


Bild Andrea Pfaehler bei der Probenarbeit. Foto: Wolfgang Held

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