Die Lyrik der Dichterin, Schauspielerin und Kunstbetrachterin Hella Krause-Zimmer ist in einem Band erschienen. Die Herausgabe besorgte Andrea Hitsch.
Hella Krause-Zimmer, geboren am 19. Dezember 1919 in Breslau, arbeitete nach ihrem Studium im Berufsfeld ‹Schauspiel und Dramaturgie›. Ab 1955 lebte sie in Dornach und widmete sich ganz ihren meist auf Reisen gewonnenen Kunstbetrachtungen, die in vielen Vorträgen, Aufsätzen und Büchern ihren Niederschlag fanden. Sie schrieb Geschichten, spielte in einer Märchenbühne mit, wurde Rundfunksprecherin. Am 11. April 2002 starb sie in Dornach.
Während des Krieges und der Flucht sprach sie ihre ersten Gedichte im Freien vor Hunderten Obdachlosen. Auch forderte man sie auf, in einem Küchenwagen der Wehrmacht zu rezitieren sowie in einem großen mit Flüchtlingen überfüllten Schulsaal. Nach den langen und beschwerlichen Zeiten des Krieges und der Flucht und nach dem allmählichen Wiedererlangen eines geordneten Lebensweges vermindert sich die Anzahl der Gedichte und deren Charakter wird ein anderer. Ob die Erkenntnis der Dichterin aus ‹Doppelspur des Lebens› dafür verantwortlich ist? «Aber die Erlebnisse wurden rar. Um die Lebensmitte kommt man – mit Ausnahmen – sehr auf den staubigen Straßen der Erde an, über denen ein verschlossener Himmel hängt.»
Durch ihre Berührung mit der Anthroposophie, die sie vor Kriegsausbruch schon kennengelernt hatte, suchte sie nach Gleichgesinnten. Sie trat in Stuttgart einem großen Künstlerkreis bei. Die verschiedenen Kunstgebiete befruchteten die gemeinsame geisteswissenschaftliche Arbeit. Aufträge für den Rundfunk, ein Lektorat bei einem Verlag sowie gelegentliche Sekretärinnenarbeit und diverse Veröffentlichungen sicherten ihre Existenz.
Mit dem Architekten Erich Zimmer, ihrem Ehemann, zog sie durch dessen Berufung nach Dornach. Hier sollte sich ihre schriftstellerische Laufbahn entfalten. Eine beachtliche Vielfalt von Werken – ihre ‹Geisteskinder›, wie sie diese nannte – trat in die Sichtbarkeit. Sie schrieb über die verschiedenen Felder des Lebens, über Biografien, über Kunstgeschichte, einzelne Kunstgegenstände, das Zeitgeschehen, Gebiete der Geisteswissenschaft und der Religion. Sie hielt Vorträge im In- und Ausland. Ihr Blick, der aufmerksam ins Geschehen der Zeit gerichtet war, reichte auch weit in vergangene Tage zurück. Zudem schrieb sie über Jahrzehnte hindurch Artikel in den unterschiedlichsten Zeitschriften.
Freiwilliges Geschenk
Ihre Lebensjahre wurden umrankt von den Gedichten dieser Sammlung, den ‹Perlen der Seele›. Sie erzählen in Wort und Klang, Rhythmus und Laut von einem Menschen, der in Natur und Jahreslauf, in den Mitmenschen und der Welt, mit den Verstorbenen sowie den Mächten, die unser Sein tragen und lenken, leben konnte. Ihre Gedichte waren ihre Wegbegleiter. Eine klare, tiefe Bildersprache nimmt uns mit in die authentischen, lebendigen Erlebnisse einer anderen Sphäre, des Nichtsinnlichen. Nichts Gekünsteltes oder Erfundenes, keine intellektuellen Abstraktionen stören die Mitteilungen ihrer seelischen Beobachtungen, ihres geistigen Reichtums. So gestaltet vermögen sie die Seelen der Lesenden mitzunehmen und anzuregen zu einer Reise zu eigenem inneren Erleben und Wahrnehmen. Aus ihrer Gedichtmappe wurde erstmals 2018 im Verlag am Goetheanum eine kleine Auswahl mit dem Titel ‹Blüten sind’s in einem großen Reigen› veröffentlicht. Zwanzig Jahre nach ihrem Tod erscheinen nun ihre Gedichte zur Gänze, so wie sie diese selbst in Reihenfolge, Anzahl, Satzzeichen und Untergliederungen vorbereitet hatte. Mögen sie als «freiwilliges Geschenk» empfunden sein, «dessen Mitteilung dem selbstlosen Bedürfnis entspringt, die Geheimnisse der Seele nicht für sich allein zu besitzen» (Rudolf Steiner, GA 33, S. 130).
Wind, sagst Du, sind meine Hände?
Wind, der über Sommer-Halme streicht?
Zärtlichkeit ists, Lieb, die ohne Ende
zu Dir will, und die Dich nie erreicht.
Wie ein Ton im dunklen Weltall zitternd,
der den Heimatstern zu küssen sucht,
stets auf Wallfahrt und stets unerschüttert,
bist Du meiner Zartheit Baum und Bucht.
Immer klingen Wellen, wie im Traume,
die mein Herz für Deine Seele spricht.
Leise Märchen sinds vom Wunderbaume,
die Dein Herz von meinen Händen fühlt.
Lass sie schweigen, so wie Blumen schweigen.
Sollen Blumen reden, bricht man sie.
Blüten sinds in einem großen Reigen.
Du und Ich! – Du weißt die Melodie.
Hella Krause-Zimmer, 29.6.1948
Buch Andrea Hitsch (Hg.) Hella Krause-Zimmer, Perlen der Seele, Ottersberg, officin jürgensendesign, 2022.
Danke für das schöne Buch, ganz herzlichen Dank!