One Health bezeichnet einen zu Beginn des 21. Jahrhunderts entstandenen Ansatz, der «eine interdisziplinäre, holistische Herangehensweise entwickelt, die auf lokaler, regionaler, nationaler und globaler Ebene arbeitet, um die menschliche Gesundheit ganzheitlich unter Einbeziehung der Tiergesundheit und einer gesunden Umwelt zu schützen».1
In diesen Worten schwingt zunächst noch eine Denkweise mit, die durch das Ziel einer technologisch vermittelten Beherrschung der Natur und einen entsprechenden Denkstil charakterisiert ist. Doch entwickelt sich ‹One Health› immer mehr in Richtung eines umfassenderen, ökologisch geprägten Ansatzes. Das Ziel ist es dabei, durch praktisch ergriffene Maßnahmen einer Vision näherzukommen, die die NGO One-Health-Commission so beschreibt: «A world in which the interconnectedness of animals, environment, plants and people is deeply, and systemically recognized, valued and acted upon for the benefit of all.»2 Wie aber ist der hier angesprochene Zusammenhang und das Aufeinander-angewiesen-Sein lebendiger Organismen angemessen wertzuschätzen und zu verstehen? Was macht die ‹eine› Gesundheit aus, von der dieser Ansatz spricht? An dieser Stelle setzen die Landwirtschaftliche und die Medizinische Sektion der Freien Hochschule für Geisteswissenschaft an. Denn im Grunde beinhaltet die Vision der One-Health-Commission eine bis heute wissenschaftlich unzureichend beantwortete Frage, nämlich die nach einem angemessenen Verständnis lebendiger Organismen. Man kann den methodischen Ansatz, der der biologisch-dynamischen Landwirtschaft, der anthroposophisch erweiterten Medizin und Naturwissenschaft zugrunde liegt, als Beiträge zu einem One-Health-Konzept verstehen. Darin liegt eine Chance für die anthroposophische Bewegung, ihre Hochschule und deren Sektionen. One Health kann eine Ebene des Dialogs öffnen, eine Möglichkeit der gemeinsamen Forschung und Zusammenarbeit. Denn das öffentliche und wissenschaftliche Interesse gerade der jungen Generation an diesem Thema, das auch unter den Begriffen ‹Planetary Health› und ‹EcoHealth› verhandelt wird, wächst.
Ein Beispiel bietet gerade der Einsatz von Arzneimitteln bei Mensch und Tier: Anthroposophische Medizin hat wiederholt gezeigt, dass sie den Gebrauch von Antibiotika und umweltbelastenden, schmerz- und fiebersenkenden Mitteln sehr deutlich reduzieren kann. Gleiches gilt für einen biologisch-dynamischen Hoforganismus im Vergleich zu konventioneller Massentierhaltung. Naturbasierte anthroposophische Arzneimittel belasten nicht nur den Organismus weniger, den sie zu gesunder Selbstregulation anregen, sondern können in der Regel auch nach ihrer Ausscheidung durch den Organismus problemlos in die Natur zurückkehren – ganz im Gegensatz zu vielen biochemisch synthetisierten Arzneistoffen, die das Grundwasser und die Tierwelt in Herstellung, Anwendung und Rückständen nachhaltig belasten. Akademisch hat inzwischen der Dialog zu einer nachhaltigen Pharmazie begonnen, und es geht in einem nächsten Schritt darum, dass darin naturbasierte – und damit auch anthroposophische – Arzneimittel einen angemessenen Platz in Praxis, Lehre und Forschung einnehmen. In den nächsten Jahren wird es deshalb wesentlich darum gehen, zu dem immer einflussreicher werdenden One-Health-Ansatz von anthroposophischer Seite Beiträge zu leisten in einem angemessenen Verständnis des Lebendigen einschließlich seiner kosmischen Dimension und zu praktischen Lösungen im Gesundheitswesen, in Landwirtschaft, Veterinärmedizin und einer Kultur der Gesundheit, die Mensch und Natur umfasst.
Bild Herstellung von Arzneimittel mit Mörser in der Apotheke, Foto: Weleda AG/ Die Jäger von Rockersbühl
ZUM ARTIKELÜBER ONEHEALTH VON HERRN SOLDNER:
MIR KOMMT UNMITTELBAR DIE FRAGE: Kennt Herr Soldner die Anthropodophie nicht, die Demeter Landwirtschaft, die anthroposophische Medizin, die Waldorfpädagogik auch nicht?