Am 24. Januar verstarb mit 93 Jahren die Malerin Ninetta Sombart (2. Mai 1925 – 24. Januar 2019). Mit ihren Bildern widmete sie sich vor allem den großen christlichen Momenten wie Karfreitag und Auferstehung.
Einen großen Beitrag zur Erneuerung christlicher Kunst hat Ninetta Sombart mit ihren Bildern der Welt geschenkt, einen Neubeginn veranlagt im Sichtbarwerdenlassen der tiefen Geheimnisse der Zeitenwende, von Tod und Auferstehung. Urbildhaft wird das deutlich an ihrem Himmelfahrtsbild. Über Wochen, Monate suchte, fragte sie nach der Möglichkeit, die Worte aus dem ‹Credo› der Christengemeinschaft: ‹Er ist seit dieser Zeit der Herr der Himmelskräfte auf Erden›, malerisch umzusetzen. Bis anhin wurde dieses Ereignis als ein Weggehen des Auferstandenen von der Erde erlebt – sie malte nun sein Kommen, seine Gegenwart und Verbindung mit der Erde. So wurde nie vor ihr dieses Geschehen gemalt.
Das gilt auch für ihre Antlitze des Leidenden, des Auferstandenen und die vielen Ereignisse aus der Heiligen Schrift. Es sind nicht nur Kunstwerke, es sind Abbilder von Urbildern, die Menschen in ihrem tiefsten Inneren ansprechen, sie in Berührung bringen mit dem geistigen Strom, der zum Mittelpunktsereignis der Weltgeschichte führt, dem Mysterium von Golgatha.
Nicht schön, sondern wahr soll es werden
Immer neu konnte man staunen, welch objektives, nüchtern-distanziertes Verhältnis sie zu ihren Bildern hatte. «Nicht ich habe sie gemalt, sie wurden durch mich gemalt.» Darum hat sie sie auch nie signiert. Und staunen konnte man auch, wie sie wunderschöne Bilder einfach übermalte – «das Wunderschöne war eben das Problem, es muss vor allen Dingen wahr sein». Sie war darin eine vorbildliche Dienerin der Christus-Verkündigung aus dem Geistesgut der Anthroposophie und dem aus ihr strömenden Bewusstsein, des im 20. Jahrhunderts beginnenden größten Ereignisses unserer Zeit, der sogenannten Wiederkunft Christi im Ätherischen.
Geboren wurde sie am 2. Mai 1925 in Berlin. Ihr Vater, Werner Sombart, war Geheimrat, Professor für Nationalökonomie, Volkswirtschaft und Soziologe. Mit seiner ersten Frau hatte er vier Töchter, die bereits erwachsen waren, als diese 1920 starb. Er heiratete zwei Jahre später Corinna Leon. Sie stammte aus Rumänien, wo ihr Vater, der ebenfalls Professor war, eine naturwissenschaftliche Universität gegründet hatte.
Als Ninetta geboren wurde, war der Vater bereits 62-jährig. Sie wuchs mit ihrem zwei Jahre älteren Bruder Nikolaus auf, in großbürgerlich kulturell und intellektuell geprägten Verhältnissen. Die Ikonen im Zimmer ihrer Mutter, vor denen immer eine Kerze brannte, die Besuche mit ihr in der russisch-orthodoxen Kirche mit den wunderbaren Gesängen in der ihr fremden Sprache und die Inhalte der Evangelien, ergänzt durch den Religionsunterricht in der protestantischen Kirche zur Vorbereitung auf die Konfirmation, sind die religiösen Grundstimmungen, aus denen sie ihre Bilder malte.
Ihre zeichnerische Begabung zeigte sich im Lyceum; ihre Schreibhefte waren immer auch Malbücher für sie. Vom 12. Lebensjahr an wurde der 13 Jahre ältere Musiker, Philosoph und Mathematiker Sergiu Celibidache ihr menschliches Vorbild. Als er ihr sagte: «Lügen macht dich für die geistige Welt unsichtbar, dein Engel wird ohnmächtig und du stehst ohne ihn da», wurde ihr das zum Leitbild. Auch die wiederholten Erdenleben waren selbstverständliches Gesprächsthema zwischen ihnen.
Keine Windeln mehr waschen
Nach dem Abitur begann sie mit dem Architekturstudium. 1941 starb ihr Vater, der Bruder wurde eingezogen, die Mutter nach Bad Kösen evakuiert, wohin Ninetta ihr später folgte und wo sie in einem Heim für schwererziehbare Jungen arbeitete. In den letzten Kriegsmonaten, als die Rote Armee nach Thüringen kam, zeichnete sie Porträts von amerikanischen Soldaten, um etwas Geld zu verdienen. Das brachte ihr eine Anstellung als Plakatmalerin und die Bekanntschaft mit Wilhelm Bruckner, mit dem sie 1947, nach der Heirat, nach Amerika ging. Dem Pfarrer der Christengemeinschaft in Wiesbaden, der sie getraut hatte, schlug sie als Trauspruch vor: «Im Schweiße deines Angesichtes sollst du dein Brot essen und mit Schmerzen deine Kinder gebären.» So gehörte das nun zu ihrem Leben, im Land der unbegrenzten Möglichkeiten. Die Umstände waren alles andere als einfach, aber immerhin überstrahlt von der Geburt ihrer vier Kinder.
Auf der Suche nach Verdienstmöglichkeiten sah sie eine Annonce, in der für ein gemaltes Bild 5 Dollar geboten wurden – das war gerade genug, dass sie eine Woche die Windeln nicht selbst waschen musste. Sie schickte ein Bild mit dem Blick aus ihrem Küchenfenster. Kurz darauf kam die Frage, ob sie drei weitere malen könne, derselbe Blick, aber in anderen Jahreszeiten. Das brachte ihr 15 Dollar und die Frage, ob ihre Bilder reproduziert werden dürften. Das geschah im riesigen Land in millionenfacher Auflage; man fand sie als Poster in ganz Amerika. Damit war die Sache mit dem Waschen der Windeln abgeschlossen. Sie malte im Stil des magischen Realismus und Surrealismus erfolgreich weiter, verkaufte auch viele Bilder, anerkannt, unterstützt und gefördert von Salvador Dalí. Immer mehr aber kam sie an den Rand ihrer inneren und äußeren Kräfte, bis sie vollkommen erschöpft, durch die Hilfe und Initiative von Freunden, 1962 nach Basel kam. Insbesondere Edgar Salin, der Rektor der Basler Universität, der mit ihrem Vater bekannt gewesen war, ihr schon als Kind begegnet war und später in Heidelberg von ihr gemalte Plakate bewunderte, half ihr bei den ersten Schritten. Viele Wochen verbrachte sie in der Ita-Wegman-Klinik. Nach allmählicher Genesung und neu gewonnenen Perspektiven ließ sie nacheinander die drei Söhne nachkommen. Sie waren in der Zwischenzeit beim Vater oder seinen Verwandten in Amerika – die Tochter blieb bei einer Tante und deren Mann, die selbst keine Kinder hatten.
Durch die Vermittlung ihrer Freundin Sonja von Grunelius fand sie eine Stelle in der Industrie, bei der weltweit tätigen Firma Buess. Sie wurde Leiterin der Werbeabteilung – eine absolute Pioniersituation für die damalige Zeit, in den von Männern dominierten Kaderpositionen. Als sie davon sprach, sie könne nicht Schreibmaschine schreiben, meinte der zuständige Vorgesetzte, das müsse eine Frau wie sie auch nicht können, das sei Angelegenheit einer Sekretärin. In den 24 Jahren ihrer Tätigkeit bei dieser Firma erwarb sie sich uneingeschränktes Vertrauen und Hochachtung, sodass sie auch ihre Zeit frei einteilen und oft an den Vormittagen malen konnte.
Gespräche bis in die Nacht
Als sie 1987 ihre Berufstätigkeit abschloss, hatte sie in Arlesheim eine große Ausstellung, die ihren neuen Lebensabschnitt als freie Malerin einleitete. Es gelang ihr durch ihr praktisches Geschick und ihre technischen Kenntnisse, eine neue Lasurtechnik zu entwickeln, erst mit Öl-, später mit Acrylfarben, denen sie eine bisher ungesehene Leuchtkraft und Transparenz gab. Insbesondere durch die Drucke von Postkarten und Kalendern im Raphael-Verlag fanden ihre Bilder weltweite Verbreitung und Bewunderung. Eine besondere Freude war ihr immer, wenn sie hörte, wie sehr die Kinder im Religionsunterricht ihre Bilder liebten.
In ihrem Wohnhaus mit dem Atelier gingen unzählige Gäste von nah und fern ein und aus. Tiefe, intensive Gespräche, oft bis spät in die Nacht, waren an der Tagesordnung. Wo sie auftauchte, war sie mit ihrer Geselligkeit, ihrem Humor sofort Mittelpunkt – und erlebte sich daneben oft auch sehr einsam, inmitten einer treuen Schar von Freunden und Angehörigen.
Mit dem anthroposophischen Leben war sie eng verbunden, verschiedene Arbeitskreise im Zweig, im Goetheanum, auch der wöchentliche Bibelabend waren ihr über Jahrzehnte ganz wichtig, ebenso der Besuch der Menschenweihehandlung. Sehr viel hat sie gelesen, in Vorträgen Rudolf Steiners, in Büchern über Religiöses und die Kunst, dazu unzählige Märchen aus aller Welt.
Immer wieder malte sie Altarbilder für die Christengemeinschaft, die weltweit in allen Himmelsrichtungen dem Geschehen der Sakramente dienen. Sie legen, wie viele ihrer Bilder, Zeugnis ab von der Gegenwart des Auferstandenen und von dem, was ihr wichtigstes Anliegen war: mit ihrem Malen den Menschen Wege zu bereiten zu seinem heilenden Wirken
Foto: Verlag Urachhaus, Ninetta Sombart, von Frank Berger im Lebensmagazin ‹a tempo› porträtiert (Juni 2011).
Korrigendum (15.3.2019): Versehentlich war der letzte Satz im Beitrag nicht so wie vom Autor geschrieben. Dies wurde oben korrigiert. Richtig ist: «mit ihrem Malen den Menschen Wege zu bereiten zu seinem heilenden Wirken.» Es geht darum, dem Auferstandenen Wege zu bereiten. Es hieß «… zu ihrem heilenden Wirken», wodurch fälschlich Malerin oder Bilder gemeint schienen.