Anfang November 2021 fand in Glasgow das 26. Treffen der Conference Of the Parties (COP) statt. 197 Nationen nahmen teil. Zum ersten Mal einigten sie sich auf den Glasgow Climate Pact.
Der Glasgow Climate Pact beinhaltet Maßnahmen gegen fossile Brennstoffe. Zum Beispiel wurden die Worte ‹Kohle› und ‹Methan› zum ersten Mal in einem COP-Text verwendet, in Zusammenhang mit ‹Reduzierung› statt ‹Ausstieg›, Subventionsabbau, besserer Bilanzierung auf den CO2-Märkten. Es ist ein klares Bekenntnis zum Erhalt und zur Restaurierung von Ökosystemen auf dem Land und im Meer. Man erzielte einen Konsens über eine Reihe ungelöster Fragen aus den ‹verbindlichen› Paris-COP21-Vereinbarungen. Die reichen Länder entschuldigten sich dafür, dass sie die 2009 versprochenen jährlichen Zahlungen in Höhe von 100 Milliarden Dollar an die ärmeren Länder nicht geleistet haben, und versprachen erneut, die Differenz bis 2022 auszugleichen. Die Weltpresse beurteilte den Gipfel eher kritisch: Nicht genug sei getan und nicht genug Schlupflöcher seien geschlossen worden. Auch manche teilnehmende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen waren entsetzt, weil sie von den politischen Beratungen ausgeschlossen wurden.
Draußen vor der Tür
Draußen protestierten Menschen, die das Gefühl hatten, dass die COP26 nichts weiter als ein ‹Greenwashing-Festival› war, eine PR-Gelegenheit für Regierungen, um zu sagen, dass sie das Richtige tun. Es waren Menschen aus indigenen Völkern dabei, die erleben, wie die Einrichtung von Schutzgebieten mit ihrer Vertreibung im Namen des Naturschutzes einhergeht. Sie sehen die Milliarden, die an Länder der Dritten Welt gezahlt werden, als einen ‹Schmiergeldfonds›, der ausnahmslos an just diejenigen korrupten Regierungen in der Dritten Welt geht, die ihre Bevölkerung am erfolgreichsten in Armut halten. Es waren Kritiker des Emissionshandels, des ‹Kaufs des Rechts, mehr zu verbrennen›. Sie sind der Meinung, dass diese Märkte kontrolliert und manipuliert werden und überhaupt moralisch verwerflich seien. Viele der Delegierten seien darauf bedacht, die Souveränität der Nationen in den oben genannten Entwicklungsländern auszuhöhlen. Es waren jene Menschen, die der Wirtschaft des Stakeholder-Kapitalismus und den öffentlich-privaten Partnerschaften (PPP) misstrauen. Diese seien Instrumente, um «neues Futter für das Casino» zu liefern. Denn die PPPs geben vor, all diejenigen zu vertreten, die ein Interesse an der Umwelt haben. Am mächtigsten bleiben aber doch die Aktionäre. Außerdem schaffen die privaten Unternehmen und die Banker der PPPs dadurch die Gesetze, die ihre eigenen Märkte überwachen. Noch schlimmer: Sie werden mit den nationalen Regierungen und politischen Entscheidungsträgern auf eine Stufe gestellt. Schließlich bedeutet Stakeholder-Kapitalismus, dass alle Mitglieder der PPPs ein Interesse am egoistisch gewinnorientierten Kapitalismus haben. Sie sind als ‹Klimaleugner› bekannt, eigentlich aber bezweifeln sie die menschliche Kausalität am Klimawandel und meinen, die Presse schüre ständig Panik, indem sie lokales Wetter mit dem globalen Klima verwechsle.
Kritische Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen würden zum Schweigen gebracht und der daraus resultierende ‹Konsens› würde als Argument benutzt, um Anthropogenität zu rechtfertigen. Wissenschaftlicher Diskurs sei so nicht mehr möglich. Daten und Modelle seien nicht vertrauenswürdig, da Wissenschaftler Daten verbergen, politisiert sind und die Schwächen der Modelle nicht mehr zugeben.
Die wahren Gewinner
Die ‹New York Times› titelte zur COP26 folgendermaßen: ‹Bankers Took Over the Climate Change Summit›. Denn knapp zuvor wurde von Mitgliedern der Finanzelite die Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) ins Leben gerufen, um eine globale Finanz-Governance zu etablieren. Ökonomen, Banker, Investmentfonds und Finanziers wollen den Planeten auf ihre Weise schützen, mit Geld und dem Versprechen von bisher ungeahnten Gewinnen: Was kostet der Strand, den Sie jedes Jahr besuchen, ein Spaziergang im Wald, ein Bad im See oder Meer? Was ist die Wildnis, ein Hauch frischer Bergluft wert? Alles, auch gefährdete Arten, werden als Finanzprodukte behandelt. Mit der Gründung von Natural Asset Corporations (NACs) durch die Intrinsic Exchange Group wird die GFANZ wesentliche Aspekte dieser ‹Produkte› kontrollieren. Die IEG berechnet den jährlichen Umsatz der ‹Naturökonomie› auf 125 Milliarden US-Dollar. Das sind 40 Prozent mehr als die gesamte derzeitige traditionelle Wirtschaft. Das ‹Vermögen› dieser Naturökonomie beträgt jedoch das Achtfache des Gesamtwerts des derzeitigen Vermögens (4000 Milliarden Dollar)! Inwieweit werden diese neuen ‹Produkte› den Planeten wirklich retten, anstatt die globale Allmende auf dem Silbertablett denen zu servieren, die an seiner Zerstörung so maßgeblich beteiligt waren?
Literaturhinweise:
Christopher Caldwell, ‹Bankers Took Over the Climate Change›, Summit Nov. 26, Editorial, ‹New York Times›; Adam Tooze im ‹Guardian›, 16.11.2021; Jocelyn Timperley, ‹Nature› Bd. 598, 21.10.2021; Whitney Webb’s Website ‹Unbegrenzter Hangout›, insb. ‹Wall Street’s Takeover of Nature Advances with Launch of New Asset Class›, 13.10.2021
Titelbild: COP26 Eröffnungsplenum, 31.10.2021. Foto: Kiara Worth/ UNFCCC.
Ein aktuelles Beispiel dazu: Ich entdeckte vor Monaten, dass der Begriff „CO2-Kompensation“ nicht geschützt ist. So werben Firmen mit CO2-Neutralität, indem sie Zertifikate über Tätigkeiten kaufen, die naturwissenschaftlich bilanziert den CO2-Gehalt nicht vermindern (Ein Waldareal erhalten, statt es abzuholzen). Eine Anfrage beim Umweltbundesamt, ob da nicht eine Straftat (Täuschung?) vorliege wurde weitergeleitet an eine Gesellschaft für Zertifizierung. Diese antwortete mir, dass man da allenfalls Wettbewerbsverzerrung vermuten könnte. Der Begriff CO2-Kompensation würde aber sehr unterschiedlich verwendet und sei nicht geschützt.
Dies sollte man sich klar machen, wenn die Politik über „Klimaneutralität“ bis 20xy spricht.