Die Coronapandemie hat den größten Teil der Menschheit mit etwas konfrontiert, wovon sonst hauptsächlich jene betroffen waren, die mit der Diagnose Krebs überrascht worden sind: Angst vor einem möglicherweise qualvollen Sterben.
Konstanze Brefin Alt stammt aus einem familiären Umfeld, in dem wiederholt Krebserkrankungen aufgetreten sind, was an sich schon Sorge bereitet. Der Moment, wo es sie selbst betrifft, schlägt ein wie ein Blitz. Das weitere Leben gliedert sich in ein Davor und ein Danach. Wie kommt man mit der Diagnose Brustkrebs zurecht? Ist es zwingend, nach der Operation Chemotherapie, Bestrahlung und im Falle der Hormonsensibilität auch Hormone zu nehmen? Und wenn man andere Wege sucht, was kann einem Sicherheit bieten? Wer trägt die Verantwortung für den Therapieprozess – die Ärztin, die Therapierenden oder letztlich doch man selbst? Welche Rolle spielen Biografiearbeit, künstlerische Therapie, Heileurythmie? Freimütig bekennt die Autorin, dass sie den anthroposophischen Weg suchte, die konsequente Therapie mit der Mistel, die durch Rudolf Steiner und Ita Wegman schon vor 100 Jahren in die Krebstherapie eingeführt wurde. Sie ist inzwischen das besterforschte anthroposophische Arzneimittel.
Brefin Alt berichtet, was die Diagnose mit ihr gemacht hat und warum sie sich entschloss, auf die konventionelle Krebsbehandlung zu verzichten. Die behandelnden Ärzte hatten ihr diese empfohlen. Vor allem die Chirurgin bat dringend, das gute Operationsergebnis nicht dadurch zu gefährden, dass man nicht alle Möglichkeiten der schulmedizinischen Behandlung ausschöpft. Andererseits kannte Brefin Alt Beispiele aus Verwandtschaft und Freundeskreis, wo Chemotherapie und Bestrahlung einen nicht unerheblichen Einfluss auf die körperliche und seelische Verfassung hatten.
Nun liegt die Dokumentation ihres Weges vor. Konstanze Brefin Alt ermöglicht damit der Leserschaft, nicht nur die Dramatik der Entscheidungsfindung mitzuvollziehen. Sie lässt auch teilhaben, angeregt durch die anthroposophische Biografiearbeit, an malerischen Verdichtungen der wesentlichen Stationen ihrer eigenen Biografie unter dem Aspekt der Suche nach den heilenden Kräften, die es in der Auseinandersetzung mit der Krankheit zu stärken gilt.
Selbstverständlich ist die Intention dieser Publikation nicht, die konventionelle Krebstherapie in ihrer Sinnhaftigkeit infrage zu stellen. Vielmehr geht es darum, den Absolutheitsanspruch und die Alternativlosigkeit etwas zu relativieren und den mit der Diagnose Krebs konfrontierten Menschen Mut zu machen, die anstehenden Entscheidungen in Ruhe zu überdenken. Die Darstellung zeugt aber auch davon, wie wichtig dabei das Erringen einer klaren inneren, spirituellen Orientierung und das damit verbundene Schicksalsvertrauen sind. Es gibt nicht ‹die Krebserkrankung›, sondern viele Einzelschicksale, individuelle Menschen, die sich mit Aspekten dieser Erkrankung auseinandersetzen und daran Erfahrungen machen, die nicht nur erschüttern, sondern auch das weitere Leben bereichern und vertiefen.
Konstanze Brefin Alt, Aufbruch mit der Mistel. Mein Weg in der Krebserkrankung, anthrosana-Heft Nummer 241
Grafik: Fabian Roschka