Mit dem Wasser gehen

«Ich ging im Wald so für mich hin und nichts zu suchen, das war mein Sinn.» So beschreibt Goethe, absichtslos zu schreiten, und zeigt, was die Natur für Früchte bereithält.


Wer so gedankenverloren sich bewegt, ist mit einem halben Meter bis einem ganzen Meter pro Sekunde unterwegs, und wie das Herz setzt er oder sie 70 Schritte die Minute. Anders, wenn die Schritte einem Ziel folgen, den Weg zum Auto, Briefkasten, Kühlschrank. Dann können es 2 bis 2,5 Meter pro Sekunde und 140 Schritte pro Minute sein. Wer an einem Fluss entlanggeht, hat vermutlich selbst bemerkt: Wasser fließt so schnell, wie wir laufen. Der Humboldtstrom bei Chile oder der Benguelastrom bei Namibia ziehen mit einem halben Meter, während der Golfstrom mit 2,5 Metern nach Europa fließt, was auch für den Rhein beispielsweise gilt. Was heißt das? Wer schreitet oder geht, bewegt sich im Tempo des Wasserwesens der Erde. Das Gefühl, dass Gehen uns in kosmische Verfassung bringt, was sich ja in Hunderten von rituellen kultischen Begegnungen aller Religionen spiegelt, trügt nicht. Und noch einen Schritt weiter: Warum fließt das Wasser? Weil es von der Sonne erwärmt wird. Sein Fluss ist die irdische Antwort auf die Wärme der Sonne. Gehen verbindet uns nicht nur mit dem Wasser, dem Blut der Erde, sondern auch mit der Sonne, dem Herz des Kosmos. So überrascht es nicht, dass Schreiten im Rhythmus des menschlichen Herzens geschieht und das zügigere Gehen im Puls der arteriellen Grundschwingung des Herzens. Wenn wir gehen oder schreiten, kommen wir in den großen Zusammenhang, und der beschenkt uns damit, wie Goethe weiter dichtet, die Sprache der Natur zu hören.


Titelbild François Croissant

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Der Narr

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