Menschlicher Geist und künstliche Intelligenz

Christiane Haid hatte zwei Gesprächspartner eingeladen: Edwin Hübner, Dozent am Lehrerseminar Stuttgart, der letztes Jahr sein Buch zur künstlichen Intelligenz veröffentlichte, und Andreas Luckner, Professor für Philosophie, der zu Heidegger und technischem Denken publizierte.


Auf die Frage, was denn Digitalisierung sei, nahm Luckner dieses Gespräch als Beispiel. Es finde am Goetheanum statt, könne aber überall verfolgt werden. Digitalisierung sei ein Transportmedium und, so ergänzte Hübner, der menschliche Verstand könne sich in allen Maschinen ausdrücken. Alle Technik, so Hübner, sei geronnenes menschliches Denken. Dabei extrapoliere die künstliche Intelligenz vergangene Erfahrungen in die Zukunft. Den Hammer als verlängerte Faust nahm Luckner als Bild, um zu beschreiben, wie Technik menschliche Leistungen heraussetze. Dabei drohe ein Kompetenzverlust und es sei Befreiung möglich, die man, so Hübner, nutzen sollte, denn sonst drohe Bequemlichkeit. Die Idee des Transhumanismus fasste Luckner in die Wendung: «des an sich selbst verzweifelnden Materialismus» Die reduktive Sicht geht so weit, dass das Menschliche als ein zu formender Gegenstand betrachtet wird. Alter, Krankheit und Tod, die das Menschliche ausmachen, werden als dysfunktional verstanden. Hübner zitierte Yuval Hararis Idee (‹Homo Deus›), im Menschen würden nur Algorithmen ablaufen. Das sei ein Abgesang auf Demokratie und Kultur. Man solle hier beachten, dass man doch in sich etwas Schöpferisches beobachte, was als erste übersinnliche Erfahrung zu verstehen sei. Um im Umgang mit Technik, so Hübner weiter, die Autonomie zu wahren, sei eine innere Entwicklung wichtig. Daraufhin fragte Haid die beiden Wissenschaftler, wie man den Menschen denn denken könne bzw. was man als Mensch sein wolle. Luckner erinnerte an die Schrift von Pico della Mirandola, wonach die Würde des Menschen darin bestehe, sich selbst hervorzubringen. Das wolle der Transhumanismus auch, er vergesse dabei aber, dass es der Mensch selbst ist, der hier Schöpfer und Bestimmer ist. Der Mensch sei ein wirksam geistiges Wesen. Dann brachte Luckner den Begriff der ‹gelingenden Leiblichkeit› ins Spiel. Die digitale Entwicklung in der Coronapandemie zeige, wie wichtig diese Besinnung auf die Körperlichkeit sei. Er zitierte dabei den Untertitel in Hübners Buch: «Die Entwicklung des Humanen inmitten der digitalen Welt». «Wenn ich mit meinen Studierenden eine Videokonferenz abhalte, dann ist uns allen in der Konferenz klar, dass wir uns in unserer physischen Präsenz fehlen.»


Video auf Goetheanum.tv

Titelbild: Andreas Luckner links und Edwin Hübner rechts. Kollage: Philipp Tok

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