In einem Bericht des Ethikrates der deutschen Bundesregierung wurde für eine kontroverse Debatte als ‹Ausdruck der offenen Gesellschaft› in der Coronakrise plädiert. Anstelle eines ‹obrigkeitsstaatlichen Denkens› sei ein Nachdenken über die ‹ungekannten Herausforderungen der Gegenwart› notwendig. Zu diesem Nachdenken haben Perspektiven der anthroposophischen Geisteswissenschaft einiges beizutragen.
Drei ausgewiesene anthroposophische Fachwissenschaftler – die Kinder- und Schulärztin Michaela Glöckler, der Historiker und Medienwissenschaftler Andreas Neider sowie der Biologe und Botaniker Hartmut Ramm – haben nun in der Buchreihe der Akanthos-Akademie ein hochaktuelles, an die Öffentlichkeit gerichtetes Buch vorgelegt: ‹Corona – eine Krise und ihre Bewältigung›. Die drei Beiträge umreißen im Kern Fragen einer Neuorientierung des Bewusstseins – eines medizinisch-anthropologischen, sozialen und ökologisch-kosmischen Bewusstseins. Sie umreißen Fragen, ohne deren Bearbeitung und perspektivische Lösung die Menschheit vor weiteren Großkatastrophen steht und sie im Sinne jener ‹Selbstisolation› und ‹Erkrankung des Bewusstseins› angehen wird, die den Katastrophen selbst zugrunde liegen (Neider).
Michaela Glöcklers Beitrag bietet eine umsichtig abwägende Darstellung der medizinischen Situation unter Einschluss der Virologie (und Berücksichtigung der hervorragenden Arbeiten Thomas Hardtmuths), ihrer Gedanken zu Identität und Immunität und zu der Notwendigkeit, eine grundlegende Reform des Gesundheitssystems in die Wege zu leiten. Sie warnt aber auch vor dem, was kommt, wenn die Chance, die in der Krise liegt, im falschen Sinne beantwortet und genutzt wird: «Ein Albtraum wäre es doch, wenn neue Grippewellen oder Pandemien dafür instrumentalisiert werden könnten, die Menschen zu Massentestungen und Impfungen ‹aus sozialen Gründen› zu zwingen und überwachungsstaatliche Maßnahmen im Namen der Gesundheit, aber eben auch zum Wohl von Pharmawirtschaft und Politik zu erproben?» «So erscheint die moderne Wissenschafts- und Wirtschaftsdiktatur als Möglichkeit voll am Horizont.»
Andreas Neider greift das Motiv der menschheitlichen Krise auf und beschreibt diese im Wesentlichen als Beziehungskrise – als Verlust des sozialen und ökologischen Umweltbewusstseins, als Ausdruck der abstrakt-kognitiven, materialistischen Weltwahrnehmung und -beherrschung. Er geht umfänglich auf die Problematik der seit vielen Wochen massenmedial verbreiteten Coronastatistiken ein, auch auf die Brisanz der vorbereiteten flächendeckenden Coronatests der Weltbevölkerung, der globalen Impfstrategien, der gesundheitlichen Totalüberwachung und biotechnologischen Optimierung, wie sie nicht zuletzt von Bill Gates und seiner größten privaten Stiftung der Welt und den von ihr abhängigen Institutionen, darunter dem Robert-Koch-Institut, vorangetrieben werden.
Hartmut Ramm weitet den sozialen Weltblick schließlich bis hin zu den Sternen, zu einer kosmischen Situation, die er an vielen und verblüffenden Einzelphänomenen beschreibt (insbesondere im Bereich der Sonnentätigkeit und der planetarischen Konjunktionen) und als kosmologische Disposition für irdische Vorgänge versteht – im Hinblick auf Epidemien, aber auch auf tiefgreifende Wandlungsvorgänge der Zivilisation, namentlich des menschlichen Bewusstseins, die ‹an der Zeit› sind, in Ost und West, im geistigen Spannungsfeld von China und Amerika, das er, wie auch Andreas Neider, eingehend reflektiert.
Alle drei Autoren betonen durchaus positive Erfahrungen der aktuellen Krisenzeit – Michaela Glöckler unter anderem die mitmenschliche Fürsorge im gewachsenen Bewusstsein der Bedeutung menschlicher Beziehungen, Andreas Neider und Hartmut Ramm die ‹Entschleunigung› und die Situation der sich erholenden Natur, die sie außerordentlich sensibel beschreiben. Allen aber ist deutlich, dass es eine Zeit ungeheuer ernster Entscheidungen für die Zukunft der Menschheit auf Erden ist. Die Zoonosen sind keine Naturkatastrophen, sondern von Menschen durch die grausame Misshandlung der Tierwelt und durch die Schädigung der Ökosysteme ermöglichte, wenn nicht verursachte Geschehnisse. Andreas Neider zitiert in diesem Zusammenhang Carola Rackete, die im Sommer 2019 als widerständige Kapitänin eines Flüchtlingsschiffes vor Lampedusa für internationales Aufsehen sorgte: «Es ist Zeit, die Wahrheit über die Klimakrise zu sagen. Sie ist nur ein Symptom für unser völlig verfehltes Verständnis davon, welchen Platz wir Menschen in der Natur einnehmen. Solange wir nicht grundsätzlich daran arbeiten, Ökosysteme zu regenerieren und soziale Gerechtigkeit herzustellen, gibt es für uns keine Zukunft auf diesem Planeten.» (1)
Drei sehr wache und kompetente Anthroposophen haben sich mit diesem Buch öffentlich zu Wort gemeldet, dem eine weltweite Verbreitung zu wünschen ist.
(1) Carola Rackete, Handeln statt hoffen. Aufruf an die letzte Generation. München 2019, S. 101.
Weiterführende Videos von der Akanthos Akademie.
Buch M. Glöckler, A. Neider, H. Ramm,Corona – eine Krise und ihre Bewältigung Akanthos Akademie Edition, 2020, ISBN-13: 9 783751 917919
Titelbild: Buchcover (Ausschnitt).