Mensch und Bienen: Auf Leben und Tod

Wir Menschen brauchen die Bienen nicht nur wegen Honig und Wachs, sondern vor allem für die Bestäubung der Kulturpflanzen. Die Bienen wiederum brauchen den Menschen, auf dass er sich um sie kümmere. Die Verbindung des Imkers zu seinen Bienen ist so eng, dass sein Tod auch den Tod seiner Völker bedeuten kann, so verschiedene Überlieferungen. Dieses enge Verhältnis zwischen Mensch und Bienen ist ein Schlüssel für die heutige Herausforderung, neue Zugänge, neue Kommunikation mit den Tieren und Pflanzen zu finden.

«Bienchen, Bienchen, die Großmutter ist uns verstorben!»

Aus dem Roman ‹Die Großmutter› (Böhmen, 1855) von Božena Němcová: Als sie spürt, dass ihr letztes Stündchen naht, besorgt die Großmutter noch die letzten Dinge des Menschen, darunter auch die Bienen. Sie ruft die Magd Ursel zu sich und legt ihr ans Herz: «Wenn ich gestorben bin, Urselchen, […] wenn ich also gestorben bin, vergiss nicht, es den Bienen zu sagen, damit sie euch nicht wegsterben. Die anderen könnten das vielleicht vergessen.» Und als dann die kleine Flamme ihres Lebens verlischt, «hielt es Ursel nicht mehr unter den Weinenden, sie eilte zu dem Bienenstock, den der Herr Vater vor vielen Jahren für Großmutter gebaut hatte, und diesen anklopfend, rief sie dreimal: ‹Bienchen, Bienchen, die Großmutter ist uns verstorben!› Dann erst setzte sie sich auf die Bank unter dem Holderstrauch und begann zu greinen.» (1)

Diesen Brauch finden wir in vielen Ländern Europas und wahrscheinlich könnten wir ihn überall da finden, wo Bienen gehalten wurden. Wie viele andere Sitten klingt auch diese im Laufe des 19. Jahrhunderts ab, und die Volkskundler oder Schriftsteller verzeichnen sie nur noch am Rande. Trotz des allmählichen Verschwindens kann man sagen, dass der Brauch früher offenbar eine Regel darstellte und von der Fähigkeit mancher Menschen zeugt, mit den Wesen der Natur sich zu unterhalten.

Aus der englischen Grafschaft Nottingham gibt es zum Beispiel den Bericht über eine Witwe, die vor den Bienenstöcken leise sang: «The master’s dead, but don’t you go; Your mistress will be a good mistress to you.» (2) Es wurde hier auch der Brauch verzeichnet, die Bienenkörbe beim Tod eines Imkers mit schwarzem Stoff zu überziehen oder ein schwarzes Band daran zu befestigen.

Eine schöne Erwähnung finden wir auch in ‹Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten› (1884) von Mark Twain: «Jim sagt auch, man dürfe die Sachen nie aufzählen, die man zum Mittagessen kocht, das bringe Unglück, ebenso wenn man das Tischtuch nach Sonnenuntergang ausschüttle. Und er sagt, wenn ein Mann stirbt, der einen Bienenstock hat, so muss man’s den Bienen sagen, eh’ die Sonne am nächsten Morgen aufgeht, oder sie hören alle auf zu arbeiten und sterben auch. Die Bienen stechen nie Dummköpfe, sagt Jim, das aber glaub’ ich ihm nicht, denn oft und oft war ich hinter ihnen her, und sie haben mich noch nie gestochen, und ich halt’ mich nicht gerade für einen Dummkopf.» (3)

Und er sagt, wenn ein Mann stirbt, der einen Bienenstock hat, so muss man’s den Bienen sagen, eh’ die Sonne am nächsten Morgen aufgeht, oder sie hören alle auf zu arbeiten und sterben auch.

Aus ‹Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten›

Die zeitgenössische spanische Schriftstellerin Dolores Redondo schildert in einem ihrer Romane, wie der Tod des Imkers im Baskenland bekannt gemacht wurde: «Wenn in Baztán jemand starb, ging die Herrin des Hauses hinaus zu den Bienenstöcken und teilte es den Bienen mit, damit sie mehr Wachs für die Kerzen der Totenwache produzierten. Es hieß, die Produktion steigere sich dadurch um das Dreifache.»4 Der entsprechende «Zauberspruch», wie es hier heißt, lautete: «Erliak, erliak / Gaur il da etxeko nausiya / Erliak, erliak / Eta bear da elizan argía», was heißt: «Bienen, Bienen, heute ist der Herr des Hauses gestorben, Bienen, Bienen, in der Kirche braucht es Licht.»

Dem Summen zuhören

Rührend beschreibt eine solche Szene der bekannte tschechische Schriftsteller Alois Jirásek in seiner Chronik ‹Bei uns›, in der das Leben der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts in der Gegend von Náchod im Nordosten Böhmens geschildert wird. Aus dieser Beschreibung können wir ahnen, wie intensiv früher die Verbindung des Imkers und des Bienenvolks war und auf welcher Grundlage deren Kommunikation vor sich gehen konnte.

Eine Witwe teilt den Bienen den Tod des Hausherrn mit…

Die ‹Bienchen, Seelchen› waren immer die ersten Gedanken von Pfarrer Ondrášek. «Morgens, gleich als er auf dem Weg in die Kirche zur Messe an ihnen vorbeiging, und oft auch noch eher, blieb er am Zaun stehen, übersah die Klötze, beobachtete eine Weile den Trubel und die Hast der Bewohnerinnen, hörte ihrem Summen zu, und nach der Messe, sobald er gefrühstückt hatte, ging er wieder in den Garten oder saß davor auf der Bank unter dem Nussbaum und sah aus dem Schatten in die sonnendurchstrahlte Luft, hin zum Himbeergestrüpp, zu den daraus herausragenden Klötzen, zum alten Frater, wie der größte Klotz in Mönchsgestalt genannt wurde.» (5) Nun starb der Pfarrer Ondrášek. Der Dorflehrer Šolta drückte ihm die Augen zu und brachte die schluchzende Hausfrau aus der Stube. Der Tag brach an, durch das Pfarrhaus hallte ein dreifaches Weinen der Frauen. «Kurz darauf schritt Šolta aus dem Pfarrhaus heraus. Er ging in den Garten, um es den Bienen mitzuteilen. Die weinende Jungfer Aninka selbst erinnerte und mahnte ihn, hinzugehen, denn sie könne es ihnen nicht sagen. – Er gehorchte und ging, nicht erschüttert, nicht mit dem Glauben eines einfältigen Menschen, sondern aus Rücksicht zum allgemeinen Glauben und noch mehr um der Hausfrau und des Verstorbenen willen.» Es fror, überall gab es Raureif, und Šolta kommt zum Frater, dem größten Klotz in der Gestalt eines Mönchs. «Wie er beim Frater stand und ihn und die anderen Klötze ansah und sich erinnerte, wie der Verstorbene die Bienchen geliebt hatte, dass sie sein Leben gewesen waren und wie er auch in der Krankheit, in Todesohnmacht noch an sie gedacht hatte, da konnte er sich nicht erwehren, plötzlich wurde es immer weicher in ihm. Unwillkürlich, ohne zu wissen warum, nahm er seine flache Leinmütze ab, beugte sich zu den Klötzen und meldete mit getrübter, heiserer Stimme: ‹Včeličky, dušičky – Bienchen, Seelchen, Herr Pfarrer ist euch gestorben.› Als er ‹euch› sagte, erzitterte seine Stimme. Er richtete sich auf und stand eine Weile. Tiefe Morgenstille im Garten und überall, die Klötze wie verzaubert. Von diesen wendete er seinen Blick nach dem Stubenfenster des Pfarrers. Es war auf, damit die Seele frei sein konnte.» (6)

In Jiráseks Schilderung stehen sich zwei Personen wie in einem bestimmten Kontrast einander gegenüber: Pfarrer Ondrášek und Lehrer Šolta. Der Lehrer geht zu den Bienen, um ihnen den Tod des Pfarrers mitzuteilen. Als gebildeter, intellektuell fortgeschrittener Mensch glaubt er aber selbst nicht so ganz, dass es einen wirklichen Sinn hat. Im Grunde genommen macht er es nur aus Höflichkeit. Als er aber vor dem Wesen des Biens steht, fängt etwas an, weich zu werden, zu tauen, seine Stimme erzittert und der Lehrer, plötzlich vom Gefühl überwältigt, ist von Demut erfüllt …

Zeit für Trauer

«Bienchen, Bienchen, der Bauer ist euch gestorben.»

Während in einigen Berichten davon gesprochen wird, dass der Bienenstock dreimal angeklopft werden sollte, wird an anderen Stellen angegeben, dass die Bekanntmachung oder das Ansprechen der Bienen dreimal wiederholt werden sollte. Warum dreimal und warum anklopfen? Man kann davon ausgehen, dass es darum ging, dass der Mensch, der die Botschaft überbringt, durch diese Vorgehensweise einen gewissen seelischen Prozess durchmachte, bei dem er sich innerlich auf zwei Tatsachen ganz einstimmte und konzentrierte: einerseits auf den Tod des Imkers oder Bauers und dessen Persönlichkeit, dessen Seelenwesen, das in ihm in aller Deutlichkeit hervortreten sollte, und andererseits auf das Bienenvolk selbst, dem er den Tod bekannt gab. Dazu hat das dreimalige Anklopfen oder Aussprechen sehr gut gedient. Wenn der Mensch sich so konzentrierte und einstimmte, konnte wohl seine Mitteilung durch das Wesen des Volkes wahrgenommen, also ins Bewusstsein genommen werden, ja es war sogar möglich – wenn wir dies nicht für ein Märchen halten –, die Bienen um ein Geschenk (erhöhte Wachsproduktion) zu bitten, woraufhin sie dieser Bitte entsprochen haben. – Auch das Bedecken der Bienenkörbe mit schwarzem Stoff und das Aufhängen eines schwarzen Bandes diente wohl vor allem dazu, dass die Verbliebenen sich richtig in die Trauer vertiefen und sich zugleich auf die Bienen konzentrieren konnten, die dann begriffen, was passiert war.

Der Bienenstock als ganzes Wesen

1923 wurde Rudolf Steiner während der Vorträge für Arbeiter am Goetheanum-Bau zum Anzeigen des Todes des Imkers bei den Bienen gefragt. Im Saal sagte dazu der Imker Herr Müller, er könne nicht begreifen, wie es zugehe, dass «der größte Teil eines Bienenstandes beim Tode des Pflegers eingegangen sei». – Rudolf Steiner äußerte sich da allgemein zur Frage des Wiedererkennens des Imkers durch die Bienen und brachte folgendes Bild: Wenn wir das menschliche Blut vergrößern, sehen wir keine kompakte Flüssigkeit, sondern eine Vielzahl von Teilchen, und ähnlich besteht auch der menschliche Muskel aus einzelnen Zellen. Nicht anders ist es bei einem Bienenvolk. «Der Bienenstock ist eben nicht nur das, was man so und so viele Tausend Bienen nennt, sondern der Bienenstock ist ein Ganzes, ein ganzes Wesen. Was einen wiedererkennt oder nicht wiedererkennt, das ist der ganze Bienenstock. […] Bei der Biene muss man beachten, dass man es nicht nur mit den Einzelbienen zu tun hat, sondern dass man es mit demjenigen, was ja absolut zusammengehört, was ein Ganzes ist, zu tun hat. Und das kann man mit dem bloßen Verstand nicht erfassen. […] Dasjenige, was da stattfindet, dass tatsächlich diese Veränderung, der Tod des Bienenvaters, auf den Bienenstock einen gewissen Einfluss hat, das ist ja nicht abzuleugnen. Das ist da. Das ergibt die Erfahrung. Wer wirklich nicht nur mit einer einzigen Bienenzucht zu tun gehabt hat, sondern viele Bienenzüchtereien gesehen hat, der nimmt das schon wahr.» (7)

Auch wenn man weiss, dass sich bei den Tieren die Individualität auf der Ebene der Art oder der Gattung befindet, so scheint es doch, dass bei den staatenbildenden Insektenarten und besonders bei der Honigbiene dieser Sitz der Individualität andeutungsweise auf der Ebene der einzelnen Kolonien ist.

Rudolf Steiner

Rudolf Steiner beschreibt dann den Fall, als er im leeren Bienenstock einen merkwürdigen Propolisknollen fand. Er nahm ihn auseinander und entdeckte darin – eine tote Maus! Die Maus war im Bienenstock gestorben, und die Bienen hatten sie in Kittharz eingepackt, inkrustiert, damit sie sich nicht im Stock zersetzte. Ähnlich, so Steiner, machen es die Bienen mit einem Nest, das die Hornissen im Bienenstock gebaut haben; die Bienen umgeben es mit Absonderungen ihres Giftes. Steiner stellt dann fest, dass «man nur zurechtkommt mit den Bienen, wenn man über den bloßen Verstand hinausgeht». (8) Was meint Rudolf Steiner damit? Wenn die Bienen eine Maus inkrustieren oder die Hornissen mit ihrem Gift schwächen, geht es um einen Akt einer hoch entwickelten Intelligenz, die wir übrigens in allem Tun des Bienenvolkes finden. Und diese Intelligenz können wir weder den einzelnen Bienen noch deren Summe zuschreiben, sondern einzig und allein dem Wesen des Bienenvolkes. Nur mit diesem Wesen kann man zurechtkommen, sich verständigen. Und eben diesem Wesen wurde der Tod des Imkers bekannt gegeben, denn mit diesem Wesen war der Bienenvater verbunden. Wer sich nach dem bloßen analytischen Verstand richten will, kommt mit den Bienen nicht zurecht – so wie der Lehrer Šolta, der das alles eigentlich für einen Aberglauben hält und erst als es in ihm «immer weicher wurde», also als der Verstand vor dem Gefühl zurückwich, imstande ist, mit den Bienen so zu sprechen, dass sie ihn verstehen.

Das Bienenvolk als Individualität

Forscher wie Professor Jürgen Tautz in seinem populären, 2007 erschienenen Buch ‹Phänomen Honigbiene› (9) versuchen, sich dem Rätsel des Bienenstocks mit Begriffen der Naturwissenschaft zu nähern. So entwickeln sie Konzepte, um das Bienenvolk als Superorganismus zu beschreiben, und nennen Begriffe wie ‹Rückkopplungen›, ‹Regelkreise› und ‹Selbststeuerung›. Damit wird jedoch die eine Unbekannte in ihrer Gleichung immer wieder durch eine andere Unbekannte ersetzt. Die Herausforderung besteht darin, das Bienenvolk nicht nur als Organismus, sondern bis zu einem gewissen Grade auch als Individualität, das heißt als ein Wesen mit geistiger Identität, zu sehen – wobei wir allerdings auch den Organismus anders als die gängige Wissenschaft erfassen müssen, nämlich als ein Ganzes, von dem die einzelnen Teile abgeleitet werden, und nicht als etwas, was aus den Teilen zusammengesetzt ist. Gerade diese Individualität ist der Träger der Intelligenz des Bienenvolkes, jedoch nicht einer Intelligenz im Sinne des analytischen Denkens und des Intellekts, sondern im Sinne der Weisheit und zugleich der Liebe, das heißt des Gefühls.

Foto: Charlotte Fischer

Auch wenn man weiß, dass sich bei den Tieren die Individualität auf der Ebene der Art oder der Gattung befindet, so scheint es doch, dass bei den staatenbildenden Insektenarten und besonders bei der Honigbiene dieser Sitz der Individualität andeutungsweise auf der Ebene der einzelnen Kolonien ist. Dafür spricht letztendlich auch die allgemein bekannte Tatsache, auf die zum Beispiel die südmährischen Volkskundler hinwiesen, als sie am Anfang des 20. Jahrhunderts verzeichneten: «Von allen Haustieren wird nur die Biene geboren und auch nur das Bienchen stirbt.» (10) Das heißt, dass es nur auf die Bienen oder besser gesagt auf ein Bienenvolk zutraf, zu sagen, es sterbe wie der Mensch.

Das würde also heißen, dass wir, vor einem Bienenstock und einem Bienenvolk stehend, vor einem intelligenten, weisen und bis zu einem gewissen Grad individuellen Wesen stehen.

Mit den Bienen sprechen

Unser Bewusstsein entwickelt sich weiter. Wir sind mit unserem Bewusstsein in den letzten zweihundert Jahren auf der Erde und in uns selbst angekommen. Dadurch haben wir uns individualisieren können, haben jedoch die Verbindung mit der Umwelt verloren. Nun müssen wir sehen, wie wir aus diesem ‹Gefängnis› wieder herauskommen.

Schauen wir uns noch mal das wunderbare subtile Geschehen an, wo der Verbliebene zu den Bienenstöcken kommt, um den Bienen den Tod des Bauernimkers bekannt zu geben. Ein solcher Mensch ist in Wehmut und in seine Aufgabe versenkt, es den Bienen zu sagen. Der Verbliebene hat den Verstorbenen im Sinn, wie er war und was ihn mit ihm verband und immer noch verbindet. So lebt der Verstorbene noch im Gemüt des Verbliebenen. Dadurch ist aber der Verbliebene mit dem Wesen des Verstorbenen, mit seiner Individualität verbunden, die sich jetzt allmählich herauslöst aus dem materiellen Leib und den weiteren zeitlichen Hüllen. Der Verbliebene kommt zum Bienenstock und klopft dreimal an. Seine Seele, in der sich das Bild des Verstorbenen formte und durch das dessen wirkliche Individualität angezogen wurde, wendet sich jetzt langsam den Bienen zu. Durch das Anklopfen fordert der Verbliebene deren Aufmerksamkeit und zugleich konzentriert er selbst seinen Sinn auf das Bienenvolk, also von der Vergangenheit (dem Tod) zu dem künftigen Akt (der Bekanntmachung). Man kann sich vorstellen, dass sich in diesem Augenblick die Aufmerksamkeit der Individualität des Bienenvolkes, des ‹Bienenstock-Geistes›, zu ihm wendet. Es entsteht ein Kontakt zwischen dieser Individualität und jener des Verstorbenen. Diese zwei geistigen Entitäten durchdringen sich, und die ‹Bienchen – Seelchen› verstehen, was passiert ist und dass ihr ‹Bienenvater› bereits andere Aufgaben hat und ein anderer ihre Pflege übernehmen muss.

Foto: Charlotte Fischer

Könnten sie sich das aber nicht direkt sagen, ohne die Vermittlung des Verbliebenen? Rudolf Steiner beschreibt, wenn er zum Beispiel über das sogenannte Vorlesen für den Verstorbenen spricht, dass der Verstorbene gewöhnlich keine Möglichkeit hat, etwas zu ändern, manchmal orientiert er sich nicht einmal in der Welt, in die er durch den Tod eingetreten ist, und oft ist er in gewisser Hinsicht auf die Unterstützung und Hilfe der Verbliebenen angewiesen. (11) Vielleicht ist es auch im Kontakt mit den Bienen so.

Unsere Entwicklung und die heutigen Herausforderungen verlangen eine neue Kommunikation mit den Wesen der Natur und mit der geistigen Welt. Es ist eine Frage der ferneren Zukunft, doch wir können schon heute beginnen. Vielleicht gerade mit Versuchen eines ‹Zurechtkommens›, einer Verständigung mit den Bienen. Und auch wenn wir den Eindruck haben, dass wir einander nicht hören, tragen wir mit jedem solchen Versuch dazu bei, dass es einmal, vielleicht auch erst in einem nächsten Leben, anders ist.


Before them, under the garden wall,

Forward and back

Went, drearily singing, the chore-girl small,

Draping each hive with a shred of black.

Trembling, I listened; the summer sun

Had the chill of snow;

For I knew she was telling the bees of one

Gone on the journey we all must go!

«Stay at home, pretty bees, fly not hence!

Mistress Mary is dead and gone!»

Aus der Dichtung des US-amerikanischen Poeten John Greenleaf Whittier ‹Home Ballads› aus dem Jahre 1860. Der Dichter hört dem Trauergesang eines Mädchens zu, das die Bienenstöcke mit einem schwarzen Stoff zudeckt und den Bienen singt, damit sie nicht wegfliegen, denn die Frau Mary ist gestorben.

Honey bees, honey bees, hear what I say!

Your Master, poor soul, has passed away.

His sorrowful wife begs of you to stay,

Gathering honey for many a day.

Bees in the garden, hear what I say!

1840 in der Grafschaft Lincoln in England verzeichneter Spruch einer Witwe, die den Bienen den Tod des Bienenvaters mitteilt.


(1) Božena Němcová, Die Großmutter. Eine Erzählung aus dem alten Böhmen. Deutscher Taschenbuch-Verlag, München 1996, S. 422–423, übersetzt von Hanna und Peter Demetz. Der Wortlaut der deutschen Übersetzung wurde im Sinne des Originals verändert; so wird im tschechischen Original z. B. nicht von ‹Körben›, sondern von ‹Stöcken› (‹úly›) gesprochen, und es ist anzunehmen, dass es sich um Klötze handelte, denn diese waren in Böhmen als einer waldreichen Gegend viel verbreiteter als Körbe; außerdem lassen sich die Klötze viel eher anklopfen als Körbe, sodass es dann logisch ist, dass die Körbe in England nicht angeklopft, sondern mit schwarzem Stoff überzogen wurden.
(2) Siehe den Artikel The adorable custom of telling bees.
(3) Mark Twain, Huckleberry Finns Abenteuer und Fahrten. Damnick 2015, S. 62; ins Deutsche übersetzt von Henny Koch.
(4) Dolores Redondo, Der nächtliche Besucher. Bastei Lübbe AG 2017, übersetzt von Matthias Strobel.
(5) Alois Jirásek, U nás, Buch I. Úhor, 1897; meines Wissens ist nie eine deutsche Übersetzung dieses Buches erschienen.
(6) Ebd., Buch III., Osetek, 1902.
(7) Rudolf Steiner, Mensch und Welt. Das Wirken des Geistes in der Natur. Über das Wesen der Bienen. GA 351, S. 183.
(8) Ebd., S. 188.
(9) Jürgen Tautz: Phänomen Honigbiene. Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg und München 2007; das Buch ist unter den tschechischen Imkern sehr populär geworden und wurde in tschechischer Sprache schon dreimal aufgelegt.
(10) Siehe Hinweis 9.
(11) Rudolf Steiner, Das Leben zwischen dem Tode und der neuen Geburt im Verhältnis zu den kosmischen Tatsachen. GA 141.

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