Die Zeitschrift ‹Stil. Goetheanismus in Kunst und Wissenschaft› in neuer Frische.
Eine neue Zeitschrift? Ja, nach 42 Jahren und mit neuem Schwung. Die Redaktion des viermal im Jahr erscheinenden Magazins, nun in neuer Gestaltung und neuer (weiblicherer) Besetzung, ist in die Hände der Sektion für Schöne Wissenschaften und der Sektion für Bildende Künste übergegangen und damit unter die Leitung von Christiane Haid und Ariane Eichenberg. Der Titel ‹Goetheanismus in Kunst und Wissenschaft› ist Programm.
Das Michaeli-Heft 2020 war der erste Wurf, mit dem die neue Redaktion ein leuchtendes Signal abgab und gleich 54 Künstlerinnen und Künstler mit ihren Bildern vorstellte, zusammen mit biografischen Skizzen und Statements. Damit gab auch der Grafiker und Layouter der Zeitschrift, Wolfram Schildt aus Berlin, ein beeindruckendes Statement ab. Er gibt der Zeitschrift das Gesicht. Es ist ein großzügiger Katalog der Ausstellung ‹Aufbruch ins Ungewisse – Kunstschaffen in Zeiten von Corona› im Goetheanum geworden.
Als ich nach der ersten Ausgabe die Vorschau auf den Inhalt der nächsten Ausgaben durchsah, befürchtete ich, dass es lange nicht mehr so fulminant, frisch und farbig aufgehen wird. Doch die Weihnachtsausgabe mit ‹100 Jahre Goetheanum› (seit der Eröffnung oder Inbetriebnahme des noch nicht fertigen Baus) und der bilderreichen Würdigung von bald hundert Jahren Malerei von Elisabeth Wagner legte nochmals nach. Alle Farbe im Heft kommt von der wirklich großzügigen Präsentation des Lebenswerks, zusammen mit einem Interview mit der äußerst produktiven Malerin, Bildhauerin, Eurythmistin und Lyrikerin.
Zur Zeit, als mit dem Goetheanum-Bau begonnen wurde, lebten gerade mal 2000 Menschen im Bauerndorf. Das Baugelände lag zwar abseits von Ober- und Unterdornach, was aber entstand, war von überall her zu beobachten. In Roland Halfens Beitrag ‹Vom Ärgernis zum Kulturgut› sind Rezeption und Reaktionen auf die zwei zunächst verstörenden Goetheanum-Bauten nachzulesen. (Die Fortsetzung in der Osterausgabe widmet sich der differenzierteren Rezeption des Baus durch prominente Architekten.)
Die Kulturinteressierten sollen sich ernähren können.
Der Leitartikel ‹Metamorphosen des Grundsteins – Von der ersten Grundsteinlegung 1913 zur Grundsteinlegung 1923› arbeitet den Zusammenhang beider feierlichen Handlungen sowohl für den physischen Bau als auch für den Bau der Allgemeinen Anthroposophischen Gesellschaft und deren Hochschule sorgfältig heraus und kommt zu unerwarteten Ergebnissen und Konsequenzen. Für Christiane Haid bilden beide Stiftungen eine Einheit, die Rudolf Steiner offenbar bereits bei der ersten Grundsteinlegung im Sinn hatte. Eine besondere Aufmerksamkeit gilt den rosenkreuzerischen Intentionen in den Formulierungen und Handlungen, den Beziehungen zwischen Mikrokosmischem und Makrokosmischem, zwischen Irdischem und Geistigem, die mit der Verwandlung des einzelnen Menschen, mit der Umwandlung der gesamten Kultur und der Verwandlung der Erde zusammenhängt.
Jede Ausgabe hat einen Schwerpunkt. Nach den ersten zwei Ausgaben mit Kunst und Architektur kommt die Osterausgabe mit Rilkes orphischen Wegen (die Aufarbeitung einer Goetheanum-Tagung), die Sommerausgabe mit Goethes ‹Faust›. Interviews, Werkbetrachtungen, substanzielle Essays und die Verschriftlichung von Tagungsvorträgen gehören in jede Ausgabe, wie auch Besprechungen von Veranstaltungen, Ausstellungen und Büchern. Die Kulturinteressierten sollen sich ernähren können, denn: «Mit dieser Zeitschrift möchten wir einen aktiven Beitrag dazu leisten, dass Kunst und Kultur, die inzwischen nicht nur aus den Feuilletons, sondern zunehmend auch aus dem Leben verdrängt werden, in ihrer existenziellen Bedeutung für den Menschen ernst genommen und gefördert werden.»
Stil – Goetheanismus in Kunst und Wissenschaft.
Jahresabo für vier Ausgaben Euro 60/CHF 70. Das Einzelheft Euro 18/CHF 20.
Zu beziehen über Kooperative Dürnau, Im Winkel 11, D-88422 Dürnau, abo.stil@goetheanum.ch.