«Das sind Kinderkrankheiten», hört man, wenn Schwierigkeiten auftreten, die zur gesunden Entwicklung, zur Ertüchtigung von irgendetwas Neuem dazugehören.
Natürlich müssen die Schwierigkeiten im Maß sein, sodass man daran wachsen kann – auch bei den ‹echten› Kinderkrankheiten. Deshalb gibt es Impfungen. Und doch gehört zu Mumps und Fieber, dass man als Kind, noch ganz in der Zeit versunken, dem Schicksal ergeben meint, es daure ewig. Die Eltern am Bett wissen es besser, wie Benediktus in Rudolf Steiners ‹Mysteriendramen›, wenn er beim verzweifelten Freund Capesius über dessen Trübsinn hinaus schauen kann:
«Und wundert euch dann nicht,
Wenn euer Schmerz in meiner Sprache
Den Namen ändern muss.
Ich finde euch im Glücke.»
Wenn in der Jugend die Seele durch Irren und Verirren eigene Wege zu gehen lernt, ist man als Mutter und Vater durch Mumps und Scharlach geübt, sodass man wieder, wie Benediktus bei Capesius weiter zu schauen vermag, wieder der Schmerz in der Sprache der Eltern ‹den Namen ändern muss›. Und noch einmal beim dritten Akt zur Selbständigkeit, wenn der Geist sich befreit, mit Beruf und Familie Schicksal schreibt, steht man als Vater und Mutter nun von Weitem und versucht erneut etwas weiter zu schauen – geübt hat man es mit Scharlach, Dreitagefieber oder Mumps.
Bild: Illustrationsreihe 3/G22 Adrien Jutard