Anet Spengler Neff arbeitet als Agronomin seit fast 20 Jahren am Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) in der Schweiz. Dort leitet sie mit ihrer Kollegin die Gruppe Tierzucht und Tierhaltung, kümmert sich um die Forschung zu Tierwohl und Tierhaltung sowie um Spezialgebiete wie die biologische und die biologisch-dynamische Milchviehzucht. Wir sprachen mit ihr über ihre aktuelle Arbeit.
Woran arbeiten Sie jetzt?
Zurzeit betreiben wir mehrere Forschungs- und Beratungsprojekte zur muttergebundenen Kälberaufzucht in der Milchviehhaltung, mit dem Ziel, dass die Kälber vermehrt bei ihren Müttern bleiben dürfen und die Mütter dennoch gemolken werden. Ein weiterer Schwerpunkt ist die Züchtung von Kühen, die sehr gut vom Grasland und vom Weiden leben können, die kein Kraftfutter brauchen und bei guter Gesundheit angemessene Milchmengen geben. Wir beobachten das Fress- und Wiederkäuverhalten in mehreren Kuhherden, um herauszufinden, welche Tiere besonders kompetent und kreativ sind im Umgang mit wechselndem Weidefutter und ob diese Eigenschaften auch in die Züchtungsarbeit einbezogen werden können. Zudem sind wir daran, junge Stiere aus sehr guten Bio-Weidebetrieben zu selektionieren und für die spätere Abgabe von Samendosen für die künstliche Besamung aufzuziehen.
Gibt es Kriterien der ökologischen Haltung und Zucht, die für alle Tiere gelten?
Ja, jede Tierart muss artgerecht und standortgerecht gehalten und gezüchtet werden. Die Tiere sollen von dem leben können, was auf dem Betrieb oder in der nahen Umgebung wächst, und ihr Mist soll auch wieder diese Futterflächen düngen. Die Projekte zur standortgerechten Milchviehzucht waren in den letzten Jahren sicher wichtig.
Das FiBL arbeitet auch in der Beratung und Wissensvermittlung. Wie viel von der Forschung konnten die Landwirtinnen und -wirte in die Praxis übernehmen?
Wir unterrichten an landwirtschaftlichen Schulen und Hochschulen und wir veranstalten oft Workshops, Stallvisiten und Arbeitskreise für Landwirtinnen, zusammen mit Bio Suisse. Wir schreiben Merkblätter zu vielen Praxisthemen, meistens zusammen mit den Landwirten. Und unsere Forschungsprojekte finden fast immer auf Praxisbetrieben statt, sodass wir in ständigem Austausch mit den Bauern und Bäuerinnen sind. Ich habe den Eindruck, dass sowohl unsere Arbeiten in der Praxis wie auch die Empfehlungen und Vorschläge von der Praxis an uns sehr gut ankommen und dauernd zu Weiterentwicklungen führen.
Bild: Anet Spengler Neff stellt die standortgerechte Kuhhaltung zusammen mit Landwirten beim Bioviehtag 2018 vor. Foto: Marion Nitsch.