Es war einer der frühen Filme über spirituelle Themen in den 90er-Jahren. Ein Team des Bayrischen Rundfunks gastierte für mehrere Tage am Goetheanum, um einen Film über Engel zu drehen.
Der Film begann äußerlich. Man sah, wie Blechengel auf einem Fließband gestanzt werden. Später wurde eine Kindergärtnerin der örtlichen Waldorfschule interviewt. Sie erzählte davon, dass jedes Kind einen Schutzengel habe, auf den man sich meistens verlassen könne. Da schwenkt die Kamera über die Schulter der Kindergärtnerin auf ein Kind, das kopfüber mit den Kniekehlen an einem Ast in der Höhe baumelt. Es ist ein Bild, das die Überzeugung der Erzieherin bestätigt – das ist die Macht des Mediums Film. Im Gespräch erzählen die Filmemacher, dass sich ein Gedanke in diesem Medium allerdings in 30 Sekunden entfalten müsse. Es folgt ein Interview mit Michaela Glöckler. Der Weg des Films zur Innenseite dieser Wesen führte am Schluss, das ist mir in Erinnerung geblieben, zu den Zeilen von Rainer Maria Rilke, als er in der ersten seiner ‹Duineser Elegien› die Begegnung mit einem Engel in Worte bringt.
Wer, wenn ich schriee, hörte mich denn aus der Engel
Ordnungen? und gesetzt selbst, es nähme
einer mich plötzlich ans Herz: ich verginge von seinem
stärkeren Dasein. Denn das Schöne ist nichts
als des Schrecklichen Anfang, den wir noch grade ertragen,
und wir bewundern es so, weil es gelassen verschmäht,
uns zu zerstören. Ein jeder Engel ist schrecklich.
Eine Reise zum Engel. Begonnen hat es ganz alltäglich, und in der Mitte angekommen, traf man Rilke.
Titelbild: Aus dem Briefwechsel zwischen Rainer Maria Rilke und Elya Maria Nevar, Goetheanum Archiv