Gespräch mit dem Unternehmer Wolfgang Gutberlet über Götz Werner. Die Fragen stellte Wolfgang Held.
Wie haben Sie Götz Werner kennengelernt?
Wolfgang Gutberlet Götz Werner und ich haben in unseren frühen Jahren gemeinsam in einem Einkaufskontor gearbeitet. Ich wurde dort Verwaltungsratsvorsitzender und er war Stellvertreter im Vorsitz. Wir mussten damals die Geschäftsführung entlassen und hatten in der Firma Auseinandersetzungen, die ich mit Götz Werner zusammen ausgefochten habe. Das hat uns einander näher gebracht. Dann haben wir festgestellt, dass seine und meine Kinder auf die Waldorfschule gingen. Das ließ uns fragen: «Müssen wir dieses christlich-anthroposophische Gedankengut nicht auch in unser Unternehmen, in unseren Arbeitsalltag tragen?» Diese Frage hat uns zusammengebracht. Wir haben dann ganze Wochenenden darüber beraten und hatten dann begleitend je einen Berater von der niederländischen anthroposophischen Unternehmensentwicklungsfirma NPI. Da haben wir Ideen auf den Boden geholt, die sich dann später bei Götz Werner in dm und bei mir in Tegut verwirklichten. Wir wollten aber nicht nur das Miteinander in der Arbeitswelt verbessern, sondern auch die Lebensmittel. So kam Götz Rehn dazu. Wir haben ihn eingestellt, um für ein Jahr dazu ein Forschungsprojekt für bessere Ernährung zu entwickeln. Wir entschieden dann, dass Götz Rehn die Produkte entwickeln sollte und wir die Umsätze dazu liefern würden. So entstand ‹alnatura›.
Die Unternehmen wurden dann selbständig?
Ja, aber die Frage der Arbeitskultur, die haben wir weiter gemeinsam vorangetrieben. Dazu gründeten wir den Arbeitskreis ‹Gesellschaft für Unternehmenskultur› und trafen uns – auch zusammen mit Benediktus Hardorp – für verlängerte Wochenendklausuren für lange Gespräche. Das hat uns weiter zusammengebracht. Ich war dann noch viele Jahre mit im Vorstand der von Götz Werner begründeten Damus-Donata-Stiftung.
Wo schlug Götz Werners Herz bei diesen Fragen zur Unternehmenskultur?
In dem Arbeitskreis hatte Götz Werner vom bedingungslosen Grundeinkommen gehört. Da gehörte auch die Ausgabenbesteuerung hinzu. Das hat ihn ja sein ganzes Leben nicht mehr losgelassen. Gleichzeitig sahen wir, dass jeder Einzelne von uns an seinem Ort, wie er es gelernt hat, wirken könne.
Als Unternehmer, Unternehmerin trifft man einsame Entscheidungen. Galt das auch für ihn?
Götz Werner war ein Mensch mit großer Willens- und Entscheidungskraft. Dabei hat mich beeindruckt, dass er auch Ideen unterstützen konnte, nur um des Menschen willen. Er wollte es dem Menschen, der diese Idee in sich trug, möglich machen, es auszuprobieren. Auch dann, wenn er selbst meinte, dass es vermutlich nicht gut ausgehen würde. Da fühlte ich, dass Götz einen Schritt machte, der über bloße Unterstützung hinausging. Hier ging es um den Lerneffekt für den Menschen.
Sie haben sich dann darüber ausgetauscht, wie man Kultur, wie man Spiritualität ins Unternehmen bringt? Was war dabei heikel zu besprechen?
Ja, wir haben viel mit der Frage gerungen, wie man mit Kapital umgeht. Sollte ein Unternehmen nicht eine Stiftung sein, sodass Besitz dann gar keine Rolle spielt. Eine andere Frage war, wie wir die Menschen finden, die das unternehmerisch auf sich nehmen wollen und können. ‹Die Aufgabe der Königsmacher› haben wir das manchmal genannt, weil wir als Aufsichtsräte dann darüber zu entscheiden hatten, wer wo in eine Verantwortung kommt. Hier das richtige Gespür zu bekommen, darüber haben wir uns auch ausgetauscht. Was den Arbeitskreis ausmachte, war, dass wir da recht starke und gestaltende Unternehmenspersönlichkeiten drin hatten. Wir haben dann nicht nur über unsere Unternehmen gesprochen, nicht nur die betrieblichen Fragen, sondern auch die großen Fragen gestellt. Wie kann in einem Staat die Wirtschaft menschlich und sozial fruchtbar organisiert werden? Da ist natürlich der Einfluss nicht groß und doch ist es Götz Werner gelungen, politisch stark zu wirken.
Was machte Götz Werner glücklich?
Götz hat die Prozesse im Verkauf ja bis zur letzten Lampe, bis zum Regal durchgestaltet. Er war ja jemand, der seine Ideen bis ins Detail umsetzte. Er war unendlich gründlich! Ein Beispiel ist die Dauerpreisentscheidung. Er war gegen Sonderangebote und ähnliche Tricks. Ich mache keine Angebote, sondern Dauerpreise – das war sein Credo. Er konnte seine Strategie aber auch rechtzeitig wieder ändern.
Wie ging er mit dem Finanzvolumen um?
Ich habe Götz Werner in einer langen Entwicklung begleitet. Als ich ihn kennenlernte, da war er ein ungestümer Unternehmer auf der Welle von Expansion und Erfolg. Durch verschiedene Begegnungen, vor allem auch die Begegnung mit der Anthroposophie, veränderte er sich stark, sodass es um das Ideal einer menschlichen Ökonomie, einer Ökonomie für uns Menschen ging. Er hat für sich persönlich ja auch eher bescheiden gelebt.
Was enttäuschte, verletzte Götz Werner?
Wenn er den Eindruck gewonnen hatte, betrogen worden zu sein.
Das geschieht im Wirtschafsleben nicht selten.
Ja. Deshalb muss man auch davon etwas einstecken und verarbeiten können. Da war Götz Werner ein Kämpfer, wenn er recht bekommen wollte. Da gehört das Verlieren dazu. Das konnte er gut. Er war ein strategisch vorgehender Mensch.
Was hat er bewundert?
Mit dem Wort tue ich mich schwer. Aber was ihn beschäftig hat, obwohl es nicht seine ureigene Herkunft war, er war ja praktisch orientiert, war die philosophisch-anthroposophische Denkweise. Das hat er bewundert, aufgenommen und in seinem Leben verwirklicht. Mich hat an Götz Werner beeindruckt, wie schnell er eine Idee, einen Gedanken, den er gut fand, aufnehmen und daraus eine Wirklichkeit schaffen konnte. Das ist diese strategische Gabe. So hat er sich beim Grundeinkommen sehr genau überlegt, wie und wo er ansetzen muss, damit es vorankommt. «Leben in der Liebe zum Handeln und Lebenlassen im Verständnisse des fremden Wollens», diese Beschreibung der ‹Grundmaxime der freien Menschen› durch Rudolf Steiner, die gilt für Götz Werner besonders – vielleicht mit der Ergänzung: «Leben in der Liebe zum ‹klugen› Handeln.»
Bild: Götz Werner, Fotograf: Stefan Pangritz
Guten Tag
Schade das man die großartigsten Menschen erst kennenlernt wenn sie gestorben Sind.
Nie zuvor hatte ich etwas von Götz Werner gehört und jetzt habe ich ein Buch von ihm gekauft. Ein Mitarbeiter hat einmal zu mir gesagt : wenn du gelobt werden möchtest dann musst du sterben, wenn du gerügt werden willst dann musst du heiraten. Wenn es sich hierbei auch nur um eine Redensart handelt, so scheint doch etwas wahres dran zu sein.
Vielen Dank für diesen interessanten Beitrag