Robinson Crusoe freundet sich mit einem ‹Wilden› an. In der Existenzialität seiner Situation überwindet er seine kulturellen Grenzen, die ‹Freitag› zu einem Sklaven gemacht hätten. Er gewinnt einen Menschenfreund. Wenn eine junge Bekannte plötzlich einen Tumor im Kopf hat, werden all unsere Zerwürfnisse nichtig. Dann schweigen unsere Kleinheiten und seelischen Verengungen.
Existenzielle Situationen nivellieren Gewohnheiten und Bequemlichkeiten. Sie werfen wesentliche Fragen auf, öffnen aber auch einen fragilen Raum, der über mich hinausgeht. Je weniger sie mit Egoismus zu tun haben, der nie wirklich existentiell ist, desto mehr Tore führen in eine grundlegende und verbindende Tiefe. Oder Weite. Es ist befreiend, wenn die dumpfen Panzerungen unserer Selbstverständlichkeiten unter Schmerzen aufbrechen. Es ist auch notwendend, wenn sich in der existenziellen Einsamkeit ein Mensch zu einem anderen stellt, obwohl er nicht das gleiche Schicksal teilt. Für beide wird das Menschsein anders und neu anschaubar.
Der weltweite Angriff auf die menschliche Existenz durch den Menschen, den wir in Form des Klimawandels heute haben, ist eine historische Sondersituation. Die Existenzialität ist kollektiv geworden, auch wenn es sich nicht so anfühlt, als wären wir je allein auf einer Insel gestrandet. Wie können wir dieser Tatsache leichter ins Auge sehen? Vielleicht, indem wir die darin liegende Humanität sehen. In jeder Form von Existenzialität kann das Wesen des Menschen sich selbst anschauen, seine Werte, seinen Sinn und sein Seinwollen neu bestimmen. Darin liegt der Übergang von Geschöpf zu Schöpfer.
Titelbild: Georgia de Lotz von unsplash