Wie Eurythmie in der Schauspielausbildung förderlich sein kann, untersuchte Mioara Tarzioru. Sie hat in Rumänien als Schauspielerin gearbeitet und in England Waldorfpädagogik und Eurythmie studiert.
Im Rundbrief der Sektion für Redende und Musizierende Künste skizziert Tarzioru ihre Forschung zu Eurythmie im Schauspielunterricht. Dazu unterrichtete sie 2014/15 wöchentlich Schauspielstudenten. Der Unterricht bestand aus einführenden Übungen, wie sie im ersten Studienjahr üblich sind: Ballen und Spreizen, dreiteiliges und neunteiliges Schreiten, geometrische Formen im Raum laufen, Stabübungen. Eurythmische Gesten der Vokale und Konsonanten kamen hinzu. Tarzioru interessierte, ob sich die Vorstellungskraft, die Wahrnehmung und die – wie sie es nennt – Integrität der Studierenden durch die Eurythmie verbessern.
Weil die Eurythmie die Lautqualitäten «bis in die Tiefen erschließt und sich dabei immer auf die Vorstellungskraft stützt», trage sie zur Entwicklung des Schauspiel bei. Eurythmie schule spielerisch kontinuierlich das Körper- wie auch das Raum- und das soziale Bwusstsein und fördere so gleichzeitig Geschicklichkeit, Wachheit und Koordination. So verbessere sich die Artikulation und die Ausdruckskraft der Bewegung. «Durch den Unterricht haben sich bei mir Gleichgewicht und Koordination definitiv verbessert», bemerkt einer der Teilnehmenden. Besonders für den hinteren Raum entwickle sich dabei die Wahrnehmungsfähigkeit. Tarzioru betont, dass für die Gruppenwahrnehmung diese Übungen «von unschätzbarem Wert» seien. Ein ‹Self with others›, wie es der Theatermann John Britton nennt, könne nicht von außen geschaffen werden. Es werde «aus der Beziehung jedes Individuums zum anderen geboren». Den Ausdruck zu steigern und dabei zugleich sensibler zu werden, gehöre zum Begriff der Identität. Michael Tschechow ließ im ersten Studienjahr das Schauspieltraining täglich mit 40 Minuten Eurythmie beginnen. In ‹On the Technique of Acting› schreibt er: «Um sich selbst zu suchen und zu finden, muss der Schauspieler gewohnte Wege verlassen […, um] mit der eigenen kreativen Individualität in Verbindung zu treten. Die psychologischen Gesten und die Eurythmie sind Wege, auf denen der Schauspieler diese große Aufgabe erfüllen kann.»
Sektion für Redende und Musizierende Künste, Rundbrief Nr. 71, Michaeli 2019
Bildquelle: Sektion für Redende und Musizierende Künste