Justus Wittich ist Herausgeber der ‹Wochenschrift›. Wir sprachen mit ihm über die Entwicklung anthroposophischer Medienorgane.
Wie haben sich die anthroposophischen Medien entwickelt?
Die Anthroposophie ist eine weltumspannende Bewusstseinsbewegung. Sie bedarf zusätzlich zur menschlich-persönlichen Begegnung vor allem der Medien: zum Anstoß des eigenen Bewusstseins, zur Teilhabe an Entwicklungen und am Weltgeschehen und zur eigenen Urteilsbildung. Das waren in den ersten sechs Jahrzehnten anthroposophischer Tätigkeit überwiegend inhaltliche Textbeiträge mit geisteswissenschaftlichem Erkenntnisanspruch oder künstlerisch betrachtenden Elementen. Erst in den 1970er- und 1980er-Jahren kamen durch ‹Info3› und in Zeitschriften der unterschiedlichen Lebensbereiche, später auch in der ‹Wochenschrift›, Nachrichten, Reportagen, Debatten und Erlebnisberichte dazu.
Viel stärker geworden ist aber inzwischen der ästhetisch-ganzheitliche Anspruch an eine anthroposophische Zeitschrift, verursacht durch den inzwischen üblichen Farbdruck, die Bebilderung. Unsere ganze Sehgewohnheit als Lesende und Zeitgenossen hat sich verändert.
Seit etwa fünf Jahren fangen für eine jüngere Leser- und Interessentenschaft die Social Media an, immer wichtiger zu werden. Die Anthroposophie geht in ihrer Verbreitung zunehmend online. Durch die Isolation in der Pandemie geschah im vergangenen Jahr der Sprung in die Video-Präsentation. Überall besteht die Herausforderung, die geeignete Form für die Anthroposophie zu finden. Ein neues großes Arbeitsfeld entsteht so in allen Medienformen – auch wenn diese immer nur Mittel zum Zweck bleiben.
Was waren die Motive?
Motiv und Beginn waren ein Geschenk zum 60. Geburtstag Rudolf Steiners, zur Inbetriebnahme des ersten Goetheanum und generell zur Notwendigkeit, von der Anthroposophie und ihren Erkenntnissen und Lebensfrüchten zu erzählen. Dann aber immer auch der Versuch, einen helfenden Beitrag in den Nöten der Zeit zu geben. Gerade unsere Medien bleiben nur existent, wenn sie die Anteilnahme einer interessierten Bewegung von Menschen finden, also auf ein Bedürfnis treffen, verbunden zu sein.
Welche Veränderungen stehen heute an?
Die ja von uns nicht so geschätzte digitale Welt lässt uns interessanterweise kommunikativ zusammenrücken und kann das Bewusstsein erweitern. Dem müssen wir zunehmend gerecht zu werden versuchen. Der deutschsprachige Raum ist für die Anthroposophie längst nicht mehr alleine maßgebend und es gilt, verschiedene Sprachräume zu erobern. Da reicht einfaches Übersetzen aber nicht aus. Der jeweilige Sprachgeist muss leben und sich kulturell entfalten können.
Bild: Heftwand im ‹Wochenschrift›-Büro in Dornach. Foto: Sofia Lismont.