Erwachsen werden

Die meisten Menschen würden nur so tun, als seien sie erwachsen. Das sagt die Autorin Sarah Kuttner. Vermutlich hat sie recht. Doch Klima- und Coronakrise rufen auf, erwachsen zu werden.


Im TV-Interview am 16. Oktober (‹Tagesthemen›, Deutschland) zeigt Greta Thunberg, wie es geht, erwachsen zu sein. Auf die Eingangsfrage, ob sie glaube, dass das EU-Klimaziel, den Ausstoß von CO2 bis 2030 um 55 Prozent zu reduzieren, ausreiche, antwortet sie: «Meine Meinung dazu ist völlig irrelevant. Was zählt, ist, ob es im Einklang mit der Wissenschaft steht und uns die besten Chancen bietet, das Pariser Abkommen einzuhalten.» Dann erklärt sie, dass es nicht reicht, und betont erneut, dass das nicht ihre Aussage sei, sondern die der Wissenschaft. Die Zeit für kleine Schritte in die richtige Richtung sei vorbei. Wir lösen die Klimakrise, wenn wir erkennen, dass kleine Schritte nicht ausreichen. Dann betont sie, dass Fridays for Future nicht ‹ihre› Bewegung sei, sondern die aller. Gelassen beschreibt sie, dass man mit netten Worten nichts erreicht habe und deshalb jetzt neue Wege fällig seien. Gleichzeitig könne man nicht von einer Bewegung erwarten, dass sie die Welt verändere. Sie seien nur ein kleiner Teil einer Veränderung, die kommen wird. Verantwortung und Bescheidenheit schwingen in jedem Satz. Noch so ein erwachsener Satz: «Es ist komisch, dass viele es so darstellen, als ob die Klimabewegung durch Corona etwas verloren hätte. Bei einer solchen Krise muss jeder alles stehen und liegen lassen und sich um diese Tragödie kümmern. Deshalb haben wir die Demonstrationen ausgesetzt.» Ob es sie frustriere, dass bei Corona so viel möglich scheine und bei der Klimakrise so wenig, wird sie gefragt: «Nein, natürlich nicht, es zeigt nur, wenn man eine Krise als Krise versteht, dann haben die Regierungen Gründe, etwas zu unternehmen. Die Klimakrise ist in der öffentlichen Diskussion nicht existent, so gibt es keine Gründe, etwas dagegen zu tun. Es gibt keinen öffentlichen Druck, also handeln die Regierungen nicht.» Und wie es ihr gehe angesichts von Bewunderung und Aggression ihr gegenüber? «Mir ist nicht wirklich wichtig, was man über mich denkt, ich möchte das Richtige tun.»


Titelbild: Greta Thunberg vor dem Schwedischen Parlament, August 2018. (Ausschnitt). Foto: Anders Hellberg

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