Die Tragweite einer ökologischen Medizin umfasst Mensch und Welt.
Wir folgen alle einem gemeinsamen Stern. In der Anthroposophischen Medizin geht es darum, diesen Stern zu suchen. Er will erkannt werden. Bei Kranken ist er nicht so leicht zu sehen. Eine therapeutische Gemeinschaft, die einem Stern bewusst folgt, steigert bewusst unsere Fähigkeit, den Stern im anderen wahrzunehmen. Das Wesen eines Sternes sind Wärme und Licht. Es war um 1920 eine revolutionäre Tat, zu sagen: Wenn ihr die Physiologie selbst prüft, müsst ihr sie andersherum denken, denn des Menschen Physiologie ist in Wahrheit auf Wärme gebaut.
Die heutige Medizin braucht ein anderes Fundament und hat es eigentlich schon, denn die Wärmeregulation ist die führende Ebene unseres Leibes und unseres Planeten. In der Wärme kann ich das Gute physisch verwirklichen. In der Wärme können wir Brücken bauen.
Die naturwissenschaftliche Medizin kennen und können wir. Aus ihr zu sprechen ist wichtig, aber es genügt nicht. Wenn wir in der gemeinsamen Verständigung und Sprache weiterschreiten wollen, brauchen wir die Eintrittspforte. Die Sprache der Wissenschaft und der Universität hat doch eine klare Grenze: dort, wo wir einen Sachverhalt in die dritte Person bringen können. ‹Zurückhaltende Objektivität› heißt eben doch, das Ding im anderen zu sehen und nicht den Stern. Wir brauchen eine Sprache der ersten und zweiten Person – des Du und des Ich. Freiheit ist sinnlos ohne Ich, Liebe ist sinnlos ohne Du, Würde und Weisheit sind sinnlos ohne Ich und Du.
Wir brauchen eine Sprache des Du und des Ich. Freiheit ist sinnlos ohne Ich, Liebe ist sinnlos ohne Du, Würde und Weisheit sind sinnlos ohne Ich und Du.
Warum wurde das Du aus der Wissenschaft ausgeschlossen? Weil es die ursprüngliche Annäherungsform des denkend-erkennenden Menschen an die Gottheit ist. ‹Vater unser, der Du bist in den Himmeln.› Jürgen Habermas nennt es den ‹methodischen Atheismus der neuzeitlichen Wissenschaft›. Integrative Medizin hat zuallererst den Menschen zu integrieren. Die Ehrfurcht davor, dass wir alle geistige Wesen sind, haben wir am ehesten noch bei einem Neugeborenen.
Die zentrale Fähigkeit, die uns zu Menschen macht, ist die Fähigkeit umzukehren. Dass die Wärmeregulation unseres ganzen Planeten fast von uns zerstört ist, bedeutet, dass die naturwissenschaftlich-ökonomische Sichtweise etwas Wesentliches, ja vielleicht gerade das Wesen übersieht, nicht eingedenk derer, die noch kommen wollen. Deshalb brauchen wir umso mehr eine ökologische Medizin und Pharmazie. Die Anthroposophische Medizin ist von Anfang an eine Pionierin der Ökologie. Wir schauen die Erde selbst als etwas Lebendiges an und stehen in einer lebendigen Beziehung zu einem Stern. Alles Leben auf der Erde lebt aus der Sonnenbeziehung heraus. Von Anfang an hat die Menschheit versucht, diese Beziehung zu ergründen, zu ehren, zu pflegen und aus ihr heraus auch zu heilen. In diesem Sinne gibt es die eigene Gesundheit und zugleich die gemeinsame Gesundheit aller. Wie wollen wir mit dieser Sonne leben, diesem Stern?