Die Sektion für Sozialwissenschaften lädt mit der Anthroposophischen Gesellschaft zu einer zweiten Konferenz über die Konstitution der Anthroposophischen Gesellschaft ein.
Zum Jahreswechsel 1923/24 hatte Rudolf Steiner die Anthroposophische Gesellschaft neu begründet. Unter seiner Vorbereitung vollzog sich ein Inkarnationsvorgang, der die geistige wie irdische (soziale) Welt umfasste. Das ist der Boden, auf dem heute die Mitglieder der Anthroposophischen Gesellschaft stehen. Noch während der Weihnachtstagung wies Rudolf Steiner darauf hin, dass die Konstitution noch nicht vollendet sei. Insbesondere die von ihm unternommenen Versuche, zu «dem Goetheanum-Bauverein die entsprechende Relation zu bilden», kamen zu seinen Lebzeiten nicht mehr vollständig zum Abschluss. Die Bemühungen, diese einheitliche Konstitution zu realisieren, führten nach seinem Tode im Ergebnis dazu, dass die zu Weihnachten 1923 gegründete Gesellschaft seit 1925 im (Rechts-)Leib des ehemaligen Bauvereines weiterlebt. Wie konnte es dazu kommen? Und was bedeutet das für die heutige Anthroposophische Gesellschaft? Welche Statuten gelten – und welche sollen in Zukunft Gültigkeit haben? Die von der Sektion für Sozialwissenschaften initiierte und zusammen mit dem Vorstand von AAG und AGiD verantwortete offene Arbeitsgruppe zur Konstitutionsfrage hat ihre 2019 begonnene Arbeit weitgehend abgeschlossen. Ihr Bericht dokumentiert das lange Zeit verdrängte Geschehen. Das Geistige braucht, will es sich inkarnieren, eine Form. Diese Form muss passen, wenn das Leben in ihr gelingen und erblühen soll. Rudolf Steiner gründete 1923 die Anthroposophische Gesellschaft. Doch ein gutes Jahr später wurden die Gründungsstatuten durch andere ersetzt – ohne dass dies allgemein wahrgenommen und begriffen worden wäre. So lebt die AG bis heute nicht mehr in der ihr angemessenen und zugedachten Form. Welche Folgen hatte dieses Geschehen in den verschiedenen Phasen der Gesellschaftsentwicklung und welche Bedeutung hat es für uns heute? Diese Fragen sollen an der Zusammenkunft beantwortet werden.
Mehr Tagung vom 24. bis 26. November 2023
Foto Ariane Totzke
1986 wurde ein „Memorandum“ an eine Mailingliste anthroposophischer Institutionen geschickt, darunter auch an die Allgemeine Anthroposophische Gesellschaft in Dornach. Darin wurde die Situation der Anthroposophischen Gesellschaft im Wesentlichen wie oben beschrieben, aber ausführlicher. Ich war eine der Personen, die mehrere Jahre daran gearbeitet hatten, die Geschichte der Gesellschaft zu erforschen und schliesslich das Memorandum zu schreiben und zu unterzeichnen, zusammen mit sieben anderen Personen, allesamt (wahrscheinlich inzwischen verstorbene) Anthroposophen aus Deutschland und der Schweiz. (Ich war im selben Jahr nach Argentinien umgezogen.) Das hat der GAS und dem Stuttgarter Imperium und anderen eine ziemlich bittere Rüge eingebracht. Ich habe oft darüber nachgedacht, was dies alles bedeutet und was getan werden könnte, um die gegenwärtige Situation zu verbessern. Es interessiert mich, dass sich jetzt, 37 Jahre später, einige Leute in Dornach auf die gleiche Weise Gedanken machen und sich über mehrere Jahre hinweg mit Treffen beschäftigen.
Ich muss zu dem Schluss kommen, dass es einfach zu spät ist. 1986 dachten wir, 1986 waren wir der Meinung, dass die Anthroposophische Gesellschaft so gestaltet werden sollte, wie es Rudolf Steiner vorhatte: zwei Gesellschaften, eine als eingetragener Verein mit wenigen Mitgliedern, und die andere mit wenig Rechtsmacht für die übrigen Mitglieder. Das wäre 1924 möglich gewesen, denn es war Rudolf Steiners Wunsch, und er wäre der Präsident beider Gesellschaften gewesen. Nun aber würden die Mitglieder einer solchen radikalen Veränderung weder verstehen noch akzeptieren.
Frank Thomas Smith