500 000 Menschen haben Caroline Kube auf ihre Finger geschaut, wenn sie zeigt, wie man einen Topflappen mit Waffelmuster häkelt. Wie das Garn zwischen Daumen und Zeigefinger läuft, das hat diese halbe Million Menschen von ferne und zugleich aus nächster Nähe verfolgt und gelernt. Fast 50 Millionen Menschen lauschten Tim Urban, der in einem TED-Vortrag erklärt, warum man Aufgaben allzu gern aufschiebt und wie man diese ‹Prokrastination› in den Griff bekommt.
Der so menschliche Schmerz, das, was zu tun ist, ein, zwei und dann viele Male zu verschieben, wird von einer solch großen Zahl an Menschen geteilt. Leid, Freude, so intim und menschlich beide sind: Durch Kanäle wie Youtube werden sie weltöffentliches Ereignis. Hier liegt eine Sonnenseite der digitalen Welt. Kein Problem, keine Frage, ins anonyme Web gerufen, die nicht Interesse und Anteilnahme hervorrufen. Aus den Milliarden Userinnen und Usern sondert sich eine Gruppe zu jeder Frage, zu jedem Problem. Weil das Netz keinen Raum kennt, bestimmt nicht Distanz über Innen und Außen, sondern die Aufmerksamkeit. Sie entscheidet über die Teilnahme. So ist das Netz dem Sternenhimmel verwandt, wo ganz ähnlich bei all der Weite eine Innenwelt sich über uns neigt.