Die Evolution sind wir!

Einblicke und Ausblicke zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys. Mit Beiträgen von Christiane Haid, Walter Kugler, Philip Ursprung, Volker Harlan, Eckart Förster und Dieter Koepplin.


Das Leitmotiv von Beuys ist zweifellos ‹die Erweiterung› und zwar die Erweiterung des Kunstbegriffs, Wissenschaftsbegriffs, des Geldbegriffs, des Denkens, des Zeit- und des Raumbegriffs. Aber auch die Erweiterung des Lebens im umfassendsten Sinne. Hierdurch wurde Beuys zu einer der herausragenden öffentlichen Figuren seiner Zeit, die vielfach Anstoß erregte und durch künstlerische Aktionen bis ins Politische provozierte. Die Formen der Nachkriegsgesellschaft galt es zu sprengen, damit neues Leben entstehen konnte. Leben heißt immer auch sterben, und sterben bedeutet, neu geboren zu werden. In einem Interview sagt Beuys 1981: «Es ist der Tod, der mich wach hält» – und weist damit auf das größte Grenzerlebnis des Menschen hin. Wachheit beinhaltet den Willen, die Welt und den Menschen neu anzuschauen. In Beuys’ Weltbild bleibt kein Stein auf dem anderen.

Joseph Beuys im Humboldt-Haus Achberg beim Vortrag ‹Jeder Mensch ein Künstler›, 23.3.1978. Foto: Peter Schata, Krefeld

Es ging ihm zeitlebens um die Auflösung von traditionellen Polarisierungen wie derjenigen von Kunst und Wissenschaft, von Geistes- und Naturwissenschaften, Geist und Geld etc. Was ist eine Naturwissenschaft ohne Geist und eine Geisteswissenschaft ohne exakte naturwissenschaftliche Erkenntnismethoden? In diesem Sinne fügte Rudolf Steiner, dessen Werk für Beuys die zentrale Grundlage war, seinem philosophischen Hauptwerk ‹Die Philosophie der Freiheit› als Untertitel an: ‹Seelische Beobachtungsresultate nach naturwissenschaftlicher Methode› und verwies damit auf eine Wegstrecke, die zu begehen heute noch dringender denn je ist.

Beuys und Steiner ging es letztlich zentral um das Verstehen von Entwicklung, wobei jeder einen anderen Akzent gesetzt hat. Beuys: vom Chaos über die Bewegung zur Form. Steiner: von der Form über das Leben zum Bewusstsein. Die Evolutionsgeschichte darf nicht allein ein Thema naturwissenschaftlicher Disziplinen sein, denn sie zeigt sich auch in der Kultur, im sozialen Leben, im Denken und in der Anschauung. Evolution ist eben nicht das, was einmal war und sich über Äonen vollzogen hat, sondern Evolution ist ein Prozess, der in jedem Moment und auch in der Zukunft stattfinden wird. In Rudolf Steiners ‹Geheimwissenschaft im Umriss› wird die Evolutionsgeschichte von einem erweiterten Standpunkt neu geschrieben. Dies wird Thema des Beuys-Symposions sein, das vom 10. bis 13. Juni mit dem Thema ‹Die Evolution sind wir! Joseph Beuys/Rudolf Steiner› stattfinden soll und zu dem wir wichtige Weggefährtinnen und -gefährten sowie Fachleute seines Werkes versammeln konnten. Den Eröffnungsvortrag wird Volker Harlan halten, Autor des 2020 erschienenen Buchs ‹Mit Beuys Evolution denken›. Wie weit und wie umfassend das Thema an diesem Symposion behandelt werden wird, zeigen folgende Einblicke in den Ideenkosmos einiger der eingeladenen Referenten und Referentinnen.


Die Evolution sind wir

Joseph Beuys / Rudolf Steiner

Symposium zum 100. Geburtstag von Joseph Beuys vom 10. bis 13. Juni 2021 In Zusammenarbeit mit der Sektion für Sozialwissenschaften und der Sektion für Schöne Wissenschaften – Mit Ausstellung vom 10. bis 20. Juni: »Ohne den Kosmos tun wir’s nicht».

Mit Prof. Dr. Eckart Förster (Berlin/Baltimore), Jonas van der Gathen (Fulda), Gerald Häfner (Goetheanum Dornach), Dr. Christiane Haid (Goetheanum Dornach), Michael Heissenberg (Nürnberg), Prof. Dr. Volker Harlan (Bochum), Prof. Dr. Dieter Koepplin (Basel), Philip Kovce (Herdecke), Prof. em. Dr. Walter Kugler (Dornach), Stephan Müller (Tenniken), Rainer Rappmann (Achberg), Johannes Stüttgen (Düsseldorf), Dr. Rhea Thönges-Stringaris (Kassel), Philipp Tok (Dornach), Prof. Dr. Philip Ursprung (eth Zürich), Dr. Theodora Vischer (Senior Kurator Fondation Beyeler Riehen b. Basel), Prof. Dr. Antje von Graevenitz (Amsterdam), Dr. Maja Wismer (Leiterin Kunstmuseum Basel Gegenwart), Dr. Wolfgang Zumdick (Aachen).

Martje Brandsma, Eurythmie (Dornach) und Hristo Kazakov, Piano (Dornach), Lesung von Urs Bihler.

Mehr: Die Evolution sind wir. Joseph Beuys / Rudolf Steiner

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