Die vier Elemente als Wegleiter der Naturerkenntnis – Kolloquium der Naturwissenschaftlichen Sektion.
Die goetheanistische Naturwissenschaft erweitert dreifach die konventionelle: in Bezug auf das Lebendig-Imaginative in den sich wandelnden Phänomenen – in Bezug auf das Seelisch-Inspirative, das aus der Ganzheit der erlebten Phänomene spricht, und in Bezug auf das Geistig-Intuitive, wo wir das Wesen bis zu seinem Kern innerlich begreifen. Vier Erkenntnisstufen: Erde, Wasser, Luft und Wärme.
Wenn wir die Kronblätter, die Staubgefäße zählen, bestimmen, wie die Kelchblätter gezahnt sind, haben wir Einzelheiten ohne Verbindung. Wir ahnen zuerst nicht, dass diese Einzelheiten einen innerlichen Zusammenhang haben und ein Wesen sich durch sie zu offenbaren sucht. Erdelement der konventionellen Botanik! Diese Stufe ist wichtig. Die Liebe zur Sinnenwelt bedeutet, Aufmerksamkeit für Details zu haben. Diese Stufe gibt uns Boden, die Pflanze drückt sich in ihrer irdischen Wahrheit aus. Jochen Bockemühl, sein Schülerkreis und andere Forschende zeigten den inneren Zusammenhang dieser Einzelheiten und regten an, sie gedanklich als zeitliche Metamorphose der Phänomene gedanklich zu üben. Das Ziel: der Typus der Pflanze. Der anthroposophische Heilpflanzenforscher Wilhelm Pelikan betonte: Jede Pflanze spricht eine eigene Fremdsprache. Jede Einzelheit bei der Betrachtung ist wie ein Buchstabe dabei. Mehrere Buchstaben in einem geordneten Zusammenhang schaffen ein Wort, bilden allmählich einen Satz. Mit Sätzen spricht sich eine Pflanze letztendlich aus. Unser Denken kommt aktiv-übend in Bewegung. Das Denken beginnt von einer Blattform zur anderen zu fließen, wie Wasser fließt und ständig neue Formen schafft. Wir verlebendigen unser Denken und diese lebendige Bewegung ist noch immer objektiv. Es orientiert sich an den Formen und bleibt gleichzeitig offen und verwandlungsfähig. Ohne diese Fähigkeit können wir nicht ahnen, was aus der Zukunft als Verwandlung zufließt, sind selbst nicht verwandlungsfähig. Und ohne diese Fähigkeit machen wir die Natur und uns kaputt, denn das Leben befindet sich immer im Prozess.
Die Pflanze blüht. Aus der Betrachtung ihrer grünen Teile lässt sich die Blüte nicht voraussagen. Die Blüte überrascht. Die unendliche Bewegung im Grünbereich wird «durch astralische Berührung der Pflanze vom außen» nach Rudolf Steiner im Luft-Element zu einem Punkt zusammengebracht und wirkt mit Farben, Formen und Gerüchen auf die Seele. Ähnlich ist es, wenn man zur inspirativen Ebene der Erkenntnis eines Wesens kommt als Ergebnis eines langen, sich ständig weiterentwickelnden Prozesses. Alles zuvor Erworbene kommt nun zu einem Punkt zusammen und die Gestik-Sprache einer Pflanze zeigt sich in ihren Qualitäten. Man erlebt die Qualitäten des betrachteten Wesens auch auf moralische Art ein erstes Mal.
Man dringt vielleicht zur letzten Stufe, was durch das goetheanistische Vorgehen möglich ist. Es ist von uns abhängig, ob wir unsere Fähigkeiten so weit geübt, unsere Willenskräfte angestrengt haben: Zu der «anschauenden Urteilskraft» nach Goethe oder wie es Jochen Bockemühl beschrieben hat: Wenn wir «von der (Heil)Wirkung der Pflanze selbst ergriffen werden». Wir merken, es hat mit uns zu tun, mit unserem Menschsein, welches sich in unserem Wärmeorganismus entfaltet. Wir werden eins mit diesem Wesen, mit dieser Pflanze – Wärme-Stufe unserer Erkenntnis.
Kolloquium Naturwissenschaft & Meditation der Naturwissenschaftlichen Sektion, 24. bis 26. Mai 2024.
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