In tausend Bildern sei seine Kindheit und Jugend in ihm aufgestiegen, hätte er über den Beginn seines Lebens nachdenken müssen. Das schreibt Reinhold Messner in seinem Buch ‹Die Wüste in mir›, als er mit 40 Kilogramm Gepäck alleine durch die Wüste Gobi wanderte und an dieser Grenze seines eigenen Lebens im Geist an dessen Ursprünge geführt wurde.
Tatsächlich, in der größten Bedrängnis, wenn sich alles ändert und was kommt unbekannte Zukunft wird, da hebt sich der Blick weit zurück und weit nach vorne, da suchen wir die Einheit der Zeit. Den roten Faden im Lebensweg zu finden, gehört zur biografischen Zeitarbeit. So arbeitet die eigene Seele und so arbeitet wohl auch die große Seele. Wenn die ganze Kultur einen Satz macht, dann schickt der Weltgeist solche, die für alle die Einheit der Zeit zu fassen vermögen. So ist es in Rudolf Steiners ‹Mysteriendramen›, deren Blick sich von der ägyptischen Zeit bis in heutige Fabrikhallen spannt. So ist es in Goethes ‹Faust›, geschrieben, als in Karlsruhe das Fahrrad, in England die Dampfmaschine zu laufen beginnen. Da spannt sich der Bogen von der Schöpfung zum virtuellen Geld, vom Gespräch am Brunnen zur Diplomatie der Streitkräfte, vom Schatz im Nachttisch zur Spekulation der Bodenschätze. Die Einheit der Zeit schenkt eine Ahnung des Ewigen und von diesem sagt Platon: «Die Innenseite des Augenblickes ist die Ewigkeit.» Das ist es wohl, was die Einheit der Zeit, von Künstlerinnen und Künstlern ergriffen, anbietet: in die Innenseite der Gegenwart schauen zu können und dann zu wissen, was zu tun ist.
Titelbild: Wüste Gobi. Foto: Martin Vorel, Libreshot