Der Autor Wolf-Dieter Storl (geboren 1942) ist studierter Ethnologe, Kulturanthropologe und Buchautor. Seine Schriften beschäftigen sich vor allem mit Heilkräutern und Pflanzengottheiten, dem seelischen Wesen der Pflanzen, Schamanismus sowie biologisch-dynamischer Landwirtschaft.
In Storls Büchern taucht immer wieder ein ‹weiser Mann vom Mont Aubert› auf, einem kleinen Demeterhof in den Schweizer Bergen. Diesem Bauern, Arthur Hermes (gestorben 1985), widmet er in seinem neuen Buch seine Aufmerksamkeit und Wertschätzung. Hermes kam aus Norddeutschland und betrieb einen biologisch-dynamischen Hof in den Bergen. Storls Erinnerungen an seinen Lehrmeister führen in die Welt der Bauern, des traditionellen Landvolks, deren Wissen über den Umgang mit Pflanzen und Tieren uralt ist. Ihr Leben wird bestimmt von unsichtbaren seelischen und spirituellen Kräften.
Den ‹Bauernphilosophen› Arthur Hermes habe ich in meinen Büchern immer wieder mal erwähnt. Im Leben hat man mehrere Lehrmeister oder Gurus, die man verehrt und die einem das Rüstzeug geben, das man für das Leben braucht. […] Oft wurde ich gefragt, ob ich etwas mehr über diesen ‹alten› Weisen, der im Schweizer Jura lebte, erzählen könnte. Die Naturverbundenheit dieses Landmenschen, der beispielsweise mit seinen Kühen telepathisch kommunizieren konnte, beeindruckte mich. Das war etwas anderes als die seelisch kalte, objektive Herangehensweise der experimentalen Wissenschaft, die mir in der Schule und an der Universität begegnet war. Über sein bewegtes Leben und seine Einsichten – die er oft in ein anthroposophisches Vokabular kleidete – will ich hier erzählen.
Es geht aber um mehr als biografische Beschreibungen. Es geht um das Leben einfacher Bauern, um ihre Weltsicht, um ihren Alltag, eingebunden in beseelte Natur und in planetarischen Zusammenhang. Es geht um Essgewohnheiten, Sozialverhalten und gelebte Religiosität, um Skurriles, Unverstandenes, Paradoxien und Nichterklärbares. Storl verfügt über ein breites völkerkundliches Wissen. Er kann auf unzählige Schriften zurückgreifen. Seine Beschreibungen werden allerdings nicht beliebig oder folgenlos. Auch wenn er einiges am anthroposophischen Landbau bzw. am Schamanismus nicht versteht oder infrage stellt, bleibt er ein Suchender, ein Liebhaber der Natur.
Arthur Hermes war Pionier und Einzelgänger. Er wurde aber auch immer wieder von verschiedenen Menschen besucht. «Wegen seines tiefgründigen bäuerlichen Wissens luden ihn Schweizer Bauern zu sich ein. Und da er Praktiker und nicht nur Theoretiker war, vermochte er alteingesessene Hofbesitzer von der biodynamischen Landwirtschaft zu überzeugen. Um die 60 Bauern und Bäuerinnen folgten damals in den 50er-Jahren seinen Lehren; viele der heutigen Demeterbetriebe gehen darauf zurück. Inzwischen gibt es in der Schweiz 6400 Bauernhöfe, die biologisch wirtschaften – nicht unbedingt alle biodynamisch – und es werden immer mehr. Dies Entwicklung ist zum Teil dem fast vergessenen Pionier Arthur Hermes zu verdanken.»
Das Buch ist in kleine Kapitel eingeteilt, klar strukturiert und spannend geschrieben. Es enthält viele Geschichten über Pflanzen, Tiere, über Elementargeister und planetarische Zusammenhänge, über Märchen und Mythen. Theorie und Praxis eines anthroposophischen Bauernlebens werden aus der Perspektive eines akademisch gebildeten Hippies ehrlich dargestellt. Es sind zwei Biografien: Man sieht in das Innenleben einer Bauernfamilie und man erfährt die wohlwollende Auseinandersetzung mit dieser Welt aus dem Blickwinkel eines deutschamerikanischen Zeitgenossen. Hauptsächlich geht es natürlich um Inhalte, um ein Leben in Einklang mit der Natur.
Buch Wolf-Dieter Storl: Der Weise vom Mont Aubert: Erinnerungen an Arthur Hermes. Ein Leben im Einklang mit der Natur. AT-Verlag, Aarau und München, 2. Aufl. 2023.