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Den Tod üben

Das eigentliche Leben sei das Leben nach dem Tod und das Leben vor dem Tod sei deshalb nur eine Vorbereitung auf dieses eigentliche, wirkliche göttliche Dasein. Das ist eine Überzeugung im antiken Ägypten.


Angelus Silesius schließt daran den Gedanken an, dass man sich Unsterblichkeit erlangen müsse: «Wer nicht stirbt, bevor er stirbt, der verdirbt, wenn er stirbt.» Wie also stirbt man vor dem Sterben, wie übt man Sterben? Wenn man sich mit dem Tod aller Folgen bewusst wird und so die volle Erkenntnis seiner selbst erlangt, ist jede Selbsterkenntnis ein solcher Schritt. Wenn der Klassenlehrer die Kinder mit Handschlag und Namen begrüßt und sie so zu sich kommen, ist das ebenfalls ein solcher Schritt.

Im Zyklus ‹Das Verhältnis der Sternenwelt zum Menschen und des Menschen zur Sternenwelt› beschreibt Rudolf Steiner, wie sich Gehen, Sprechen und Denken dies- und jenseits verwandeln. So werde aus dem Gehen die «Orientierung innerhalb der Hierarchien», werde aus dem Sprechen ein «In-sich-lebendig-Tönendwerden des Weltenwortes» und werde aus dem Denken das «geistig innerliche Aufleuchten der Weltgedanken».

Den Tod ins Leben nehmen, bedeute dann, schon im Leben hierarchische Orientierung zu suchen. Innere Qualitäten zum Maßstab zu wählen, bedeute also vermutlich, das Wort, den Logos, in sich vernehmen zu lernen, bedeute, Gedanken zu Weltgedanken wachsen und leuchten zu lassen.


Form und Spiel, Licht und Schatten, Leben und Tod – dort, wo sich die Pole begegnen, entfaltet sich der Reichtum des Lebens. Bild: Adrien Jutard Illustrationsreihe 1/G13, Mischtecknik, 2019.

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