In der Mythologie, die als narratives Rückgrat der klassischen Science-Fiction diente, wurde die Venus oft als eine Art bewölkter, sumpfiger Regenwaldplanet dargestellt – eine Wasserwelt, eine Plantagenwelt, feucht, aber bewohnbar, in manchen Darstellungen sogar von fügsamen ‹Eingeborenen› bewohnt. Der Mars war eine sterbende Wüstenzivilisation. Wie sieht das Bild unseres Suchens im Planetarischen heute aus?
Die Voyager-Raumsonden, die heutzutage ihren Weg durch den Sternenwind außerhalb unseres Sonnensystems suchen, haben Tafeln mit Informationen über den Menschen dabei, die für intelligente Wesen bestimmt sind. Seti – die Suche nach außerirdischem Leben – hat dazu geführt, dass solche Erzählungen von außerirdischen, intelligenten Lebewesen aber immer spärlicher geworden sind und erst jetzt nach ihrem skeptischen Winterschlaf in den letzten Jahren wieder erwachen. Im Einklang mit dem Astronomengemüt stellte die Nasa in den 1970er- und 1980er-Jahren Geld für die sogenannte ‹Technoforschung› bereit, die darauf abzielte, Funksignale von intelligenten Wesen zu erkennen. Das Projekt wurde 1993 von Nasa-Skeptikern beendet, beginnt aber allmählich wieder. In Erwartungen von weniger intelligentem Leben, sogenannter Bioforschung, existiert seit etwa 20 Jahren zum Beispiel die Zeitschrift ‹Astrobiologie›. Hier geht es mehr um organische Substanzen wie Kohlen-Wasserstoff-Verbindungen. Und noch weniger anspruchsvoll ist die Suche nach Substanzen oder Zuständen, die irgendwelche Bedingungen für das Leben (wie wir das Wort verstehen) erfüllen: Licht, Wärme, Luft (Sauerstoff, Stickstoff, Methan), Wasser. Weniger anspruchsvoll vielleicht, aber begierdenerweckend, wie man im ‹Astrobiologie›-Artikel ‹Auf der Suche nach einem Planeten, der besser ist als die Erde – Top-Anwärter auf eine überbewohnbare Welt› lesen kann. Hier haben wir Sonnensysteme im Visier mit ‹besseren Sonnen›, besser bewohnbaren Planeten in diesem Sonnensystem und jeweils mit mehr und besser verteiltem Land, Wasser und anderen Ressourcen.
Neue Erkenntnisse
Bis dahin hatten mehr als zwei Dutzend Weltraummissionen ‹bewiesen›, dass unsere beiden sogenannten terrestrischen Geschwisterplaneten unbewohnbar seien. Obwohl sie, im Gegensatz zu den riesigen Gasplaneten jenseits des Mars, beide einen festen Kern haben, fehlen auf Venus und Mars die auf der Erde anzutreffenden lebenserhaltenden hydrologischen und atmosphärischen Bedingungen. Die Oberfläche der Venus ist von dichten Wolken aus Kohlendioxid umhüllt, die von Schwefelsäure durchzogen sind. Ihr Oberflächendruck ist 90 Mal höher als auf der Erde und ihre Oberflächentemperatur ist heiß genug, um Blei zu schmelzen. Die ‹Terraformung› des Mars, also das Geo-Engineering, um ihn für uns bewohnbar zu machen, scheint daher günstiger zu sein als bei seiner Schwester Venus, die in eine für uns giftige Atmosphäre gehüllt ist.
Obwohl 1996 in der Antarktis Hinweise auf versteinertes Leben in einem Mars-Meteoriten namens ALH84001 gefunden wurden, blieben populäre Medien bis Anfang des Jahres relativ stumm. Erst in diesem Jahr wurden zwei Entdeckungen als wichtig erachtet. Die erste war die Entdeckung von Thiophenen. Zu Beginn dieses Jahres wurden organische Moleküle gefunden, die als verträglich mit der Idee von frühem Leben auf dem Mars angesehen wurden. Diese finden sich auf der Erde in Kohle, Rohöl und seltsamerweise auch in weißen Trüffeln, den von Genießern und Wildschweinen geliebten Pilzen. Die zweite Marsentdeckung betrifft Wasser. Mars hat Eis in den Polkappen, Wasserdampf in der Atmosphäre. Das heißt, der Aggregatzustand ‹flüssig› gilt als nachgewiesen. Flüssiges Wasser ist die Voraussetzung für Leben. Denn unter der Kappe aus gefrorenem Wasser und gefrorenem Kohlendioxid, die den Südpol des Roten Planeten bedeckt, gibt es Körper aus flüssigem Wasser. Das Wasser ist aber so salzhaltig, dass es nicht gefriert. Anzeichen flüssigen Wassers sind auf dem Mars schon früh entdeckt worden. Die Oberfläche ist zum Teil von sich schlängelnden Kanälen bedeckt, die wie ausgetrocknete Flussbetten aussehen. Es ist möglich, dass sie aus feuchteren Zeiten stammen, als große Wassermengen über die Marsoberfläche flossen. Die nördliche Marshälfte könnte sogar von einem Meer bedeckt gewesen sein. Doch das Wasser verflüchtigte sich in den Weltraum, so die Vermutung, und nur Reste blieben, wahrscheinlich in gefrorener Form im Boden.
Was die Venus als unseren nächsten Nachbarn anbelangt, so war die Entdeckung von Phosphin im September 2020, ein weiteres organisches Molekül, überraschender als die des Mars. Das Phosphin wurde etwa 55 Kilometer über der Oberfläche entdeckt. Auf der Erde entsteht Phosphin, eine einfache Verbindung aus Phosphor- und Wasserstoff, auf natürlichem Wege nur durch Bakterien. Aber dass auch auf der Venus Lebensformen für den Stoff verantwortlich sein könnten, erscheint Wissenschaftlern bei den Atmosphärenbedingungen unwahrscheinlich. Ursprünglich wollten die Forscher auch gar kein Phosphin nachweisen, sondern das Gegenteil, nämlich dass es keines auf der Venus gäbe. Nun beabsichtigen sie, in naher Zukunft weitere Missionen zu entsenden, um festzustellen, ob Phosphin wirklich vorhanden ist.
So bleibt uns die Weisheit dieser Intelligenzen – vielleicht Gott sei Dank – verborgen. Wenn sie uns wirklich verstünden, welche Gefühle würde der Begriff ‹Terraforming-Weltraummissionen› bei ihnen auslösen? Abgesehen von der Frage, was wir tun, wenn wir auf das Leben auf unserem ach so wunderbaren Planeten verzichten.
Literatur
S. E. Lauro, E. Pettinelli, G. Caprarelli et al., Multiple subglacial water bodies below the south pole of Mars unveiled by new marsis data. Nat Astron 2020.
J. S. Greaves, A. M. S. Richards, W. Bains et al., Phosphine gas in the cloud decks of Venus. Nat Astron 2020.
D. Schulze-Mackuch, R. Heller, R. E. Guinan, In Search for a Planet Better than Earth – Top Contenders for a Superhabitable World. In: Astrobiology, Preprint 18. September 2020.