Im Notfall darf und muss der Staat die Rechte der Gemeinschaft über die des Einzelnen stellen. Doch was ist ein Notfall? Die staatlichen Regelungen nach dem maximalen Fall der Pandemie auszurichten und Daten mehr zuzubilligen als sie sind, erzeugt neue Gefährdungen und greift die Idee der freien Gesellschaft an.
Wissenschaft und Aufklärung
In nahezu allen westlichen Demokratien (mit Ausnahme von Schweden) ist Mitte März 2020 explizit oder de facto der Notstand ausgerufen worden, mit einer massiven Einschränkung der Bewegungsfreiheit und damit der Grundrechte. So etwas hat es, seitdem wir in Rechtsstaaten leben, bisher nur in Kriegszeiten gegeben, wenn die Aufhebung von Grundrechten durch den Verteidigungsfall begründet ist. Heute wird die Einschränkung von Grundrechten durch wissenschaftliche Erkenntnisse über eine allgemeine Gefährdung der Gesundheit der Bevölkerung durch die Ausbreitung des Sars-CoV-2-Virus, kurz Coronavirus, begründet. Das ist offensichtlich etwas ganz anderes als Abwehr gegen einen militärischen Angriff. Deshalb ist es erforderlich, solche Erkenntnisansprüche zu prüfen und über die Rolle nachzudenken, die Wissenschaft erhält, um Zwangsmaßnahmen zu rechtfertigen.
Wissenschaft dient der Aufklärung. Aber es kann auch sein, dass Aufklärung geboten ist gegen Erkenntnisansprüche in der Wissenschaft und deren politischen Gebrauch. Die Aufklärung hat seit dem 18. Jahrhundert zwei Gesichter. Das eine Gesicht ist die Befreiung des Menschen, ausgedrückt zum Beispiel in Immanuel Kants Definition der Aufklärung als «Ausgang des Menschen aus seiner selbst verschuldeten Unmündigkeit». Das andere Gesicht ist der Szientismus mit der Idee, dass naturwissenschaftliches Wissen unbegrenzt ist: Es umfasst auch den Menschen und alle Aspekte unserer Existenz. Während es Kants Anliegen ist, dass Personen ihre Freiheit gebrauchen, um ihre eigenen, überlegten Entscheidungen zu treffen, zielt der Szientismus darauf ab, dass naturwissenschaftliches Wissen die angemessenen Entscheidungen sowohl auf der individuellen als auch auf der gesellschaftlichen Ebene vorgeben kann. Das ist die Hybris der Wissenschaft, die Anmaßung, über Erkenntnisse zu verfügen, wie man die Gesellschaft gestalten soll – Erkenntnisse, die es rechtfertigen, sich über die Freiheit der einzelnen Menschen hinwegzusetzen, um ein angebliches gemeinschaftliches Gut zu erreichen oder Übel abzuwenden. Das ist das, was wir heute in der Coronakrise – wieder – erleben.
Das Dilemma der Staatsgewalt
In der aufklärerischen Begründung der Staatsgewalt steckt ein Dilemma: Auf der einen Seite ist die Staatsgewalt erforderlich, um die Freiheit des Einzelnen und seiner sozialen Gemeinschaften wie Familien zu sichern; die Alternative wäre Anarchie und damit Herrschaft des jeweils Stärkeren. Auf der anderen Seite kann man die Staatsgewalt nicht so denken, dass sie durch die Individuen eingeschränkt wird, von denen sich ihre Legitimität ableitet; denn das würde bedeuten, das Urteil Einzelner über das der Staatsgewalt zu stellen; damit würde die Grundlage für den Staat als Garanten gegen die Willkür Einzelner untergraben werden. Somit ist auch in der modernen Begründung der Staatsgewalt zum Schutz der Bürger der Keim für den totalen Staat angelegt. Das wird bereits in Thomas Hobbes’ ‹Leviathan› (1651) deutlich.
Es gibt viele Beispiele für dieses grundlegende Dilemma: Um jeden Einzelnen wirkungsvoll vor Gewalt zu schützen, müsste die Staatsgewalt von jedem zu jeder Zeit den Aufenthaltsort kennen; das würde jedoch auf einen totalen Überwachungsstaat hinauslaufen. Um die Gesundheit von jedem Einzelnen wirkungsvoll vor Ansteckung durch Viren zu schützen, müsste die Staatsgewalt den physischen Kontakt zwischen allen Individuen kontrollieren; damit wären wir aber wiederum beim totalen Überwachungsstaat angelangt. Die Aufgabe ist mithin, der Staatsgewalt einerseits so viel Macht zu verleihen, dass sie die Individuen und ihre Gemeinschaften wirksam schützen kann, ohne dass andererseits ein Absolutheitsanspruch an diesen Schutz gestellt wird. Konkret: Wenn man den Schutz vor Infektion durch ein Virus absolut setzt, redet man den totalen Staat herbei.
Seit John Lockes ‹Zwei Abhandlungen über die Regierung› (1689) besteht die Lösung dieser Aufgabe im Postulat einer Staatsgewalt, die ein Rechtsstaat ist: Das Gesetz ist das gleiche für alle und dient dazu, die Freiheit jedes Einzelnen zu schützen. Geschaffen wird der Rechtsstaat durch Aufteilung der Staatsgewalt in gesetzgebende, ausführende und rechtsprechende Gewalt. Diese Lösung kann das genannte Dilemma aber nicht beseitigen: Jeder, auch jeder freiheitsliebende Mensch, muss anerkennen, dass die exekutive Gewalt letztlich unbegrenzt sein muss. Die Staatsgewalt kann ihre Aufgabe, die Individuen zu schützen, nur erfüllen, wenn sie im Notfall unbegrenzte Machtfülle hat und selbst entscheiden kann, wann ein Notfall vorliegt. Das Dilemma des Rechtsstaates ist also, dass er seine eigene Aufhebung im Notfall vorsehen muss und die Entscheidung darüber, ob ein Notfall vorliegt, in die Hand derjenigen legen muss, welche die Macht haben, in diesem Fall die Grundrechte aufzuheben.
Damit ist die Möglichkeit des Missbrauchs gegeben. Das erleben wir gerade. Die Verbreitung des Coronavirus ist kein Verteidigungsfall oder sonstiger Fall der Gefährdung der Bevölkerung insgesamt. Deshalb schaffen die jetzigen Maßnahmen einen bedenklichen Präzedenzfall. Sie setzen die Latte für den Notstand in verantwortungsloser Weise herunter. Es gibt keinerlei stichhaltige Indizien dafür, dass das jetzige Coronavirus gefährlicher für die Allgemeinheit ist als andere, regelmäßig auftretende Infektionswellen wie zum Beispiel eine besonders heftige Welle von Grippeviren, die für Personen mit fragilem Gesundheitszustand bedrohlich sind, aber keine generelle Gesundheitsgefahr darstellen. Wenn wir uns davor abschirmen wollen, solche Viren über uns ergehen zu lassen, ist das nur durch den totalen Staat möglich, und zwar als dauerhafte Einrichtung. Das ist die Gefahr, die in der jetzigen Situation liegt. Mein Philosophiekollege Daniel von Wachter hat aufgezeigt, wie man sich auch als Laie ein Urteil über die (Un-)Gefährlichkeit des Sars-CoV-2-Virus bilden kann. Peter Sloterdijk hat darauf aufmerksam gemacht, dass die westlichen Gesellschaften im Begriff sind, den chinesischen Totalitarismus nachzuahmen. Niemand jedoch, der auf dem Boden der freien, offenen Gesellschaft steht, kann China als Vorbild empfehlen: Wie es dort um die Freiheit steht, hat der Welt das Massaker von 1989 vor Augen geführt, das sich heute wohl genauso wiederholen würde.
Der Umgang mit Daten
Der Eindruck einer allgemeinen Gesundheitsgefährdung durch das Coronavirus ist zum Teil auf einen irreführenden Umgang mit Daten zurückzuführen. Die publizierten Daten über die Zahl von Infizierten und deren tägliche Veränderung sind nicht aussagekräftig, weil die Testzahlen schwanken und vorwiegend Personen getestet werden, die Krankheitssymptome aufweisen. Um etwas über die allgemeine Gefährlichkeit des Virus aussagen zu können, müsste man wissen, wie viele Personen mit dem Virus infiziert sind und keine oder nur harmlose Symptome entwickeln. Die dazu vorliegenden Daten stützen die Schlussfolgerung, dass eine Infektion in den allermeisten Fällen harmlos verläuft. Nur Personen mit bestimmten Vorerkrankungen – und insbesondere dann, wenn sie über ca. 70 Jahre alt sind – unterliegen einem relevanten Risiko, dass eine Infektion mit dem Coronavirus gefährliche, sogar lebensgefährliche Folgen haben kann.
Deshalb sind auch die Todeszahlen irreführend. Zahlen von Personen, die gestorben sind ‹und› positiv auf das Coronavirus getestet wurden, sagen nichts darüber aus, ob diese gestorben sind, ‹weil› sie sich mit dem Virus infiziert haben. Wenn der weit überwiegende Teil der Todesopfer Personen mit schweren Vorerkrankungen sind, dann war das Coronavirus nur der Auslöser des Todesfalls – auch wenn es ein vorzeitiger Todesfall ist –, aber nicht die Ursache. Coronatote sind nur Personen, die ansonsten gesund sind, sich mit dem Coronavirus infizieren und dann sterben.
Es gibt in der Tat Krankheitswellen, die für weite Kreise der Bevölkerung tödlich verlaufen können, unabhängig vom bisherigen Gesundheitszustand, wie zum Beispiel die Pest im Mittelalter oder die Spanische Grippe 1918 bis 1920. Für solche Fälle ist die Möglichkeit gedacht, den Notstand aufgrund einer Epidemie auszurufen. Die Ausbreitung des Coronavirus ist hiervon grundverschieden. Es wird hier eine allgemeine Gefahr aus Daten herbeigeredet, die sich aus diesen Daten nicht ergibt. Deshalb sind die Zwangsmaßnahmen ein Missbrauch der für den Notfall vorgesehenen staatlichen Machtbefugnisse.
Von wissenschaftlichen Studien zu politischem Handeln
Wie konnte es zu dieser politischen Reaktion kommen? Die britische Regierung und die Regierung der USA sind von ihrer Zurückhaltung abgerückt, nachdem am 16. März 2020 eine Studie von Forschern am Imperial College London die Zahl von 250 000 Toten und den Zusammenbruch des Gesundheitssystems für das Vereinigte Königreich (und Entsprechendes für die USA) voraussagte, wenn die Regierung nicht auf eine Politik von Zwangsmaßnahmen einschwenkt, um die Ausbreitung des Coronavirus zu unterdrücken. Diese Prognose ist jedoch keine wissenschaftliche Erkenntnis über das, was eintreten wird, wenn diese Zwangsmaßnahmen unterbleiben.
Sichere Prognosen kann man nur bei Systemen machen, die deterministischen Gesetzen unterliegen, bei denen man alle äußeren Einflüsse vernachlässigen kann und bei denen kleine Schwankungen in den Anfangswerten keine großen Auswirkungen auf das Verhalten in der Zukunft haben. Diese Bedingungen sind in der Physik erfüllt, wenn man die Bahn eines Steines berechnet, der zur Erde fällt. Aber schon wenn man eine Münze wirft, kann man nicht vorausberechnen, ob diese Kopf oder Zahl landen wird: Kleinste Schwankungen in den Anfangsbedingungen verändern das Ergebnis völlig. Sobald es um Menschen und ihre sozialen Interaktionen geht, sind alle drei Bedingungen nicht erfüllt: Es gibt keine deterministischen Gesetze, Einflüsse von außerhalb verändern das Verhalten und kleinste Schwankungen in den Anfangswerten führen zu großen Unterschieden in der Folge. Mehr noch: Menschen passen ihr Verhalten den sich verändernden Bedingungen an. Wie diese Anpassung erfolgt, kann man nicht voraussehen. Prognosen sind in solchen Fällen nicht wertlos. Sie zeigen mögliche Zukunftsszenarien auf, die man in seine Handlungsüberlegungen einbeziehen soll. Aber man darf sie nicht mit Wahrheiten verwechseln, die die Wissenschaft entdeckt hat.
Der konkrete Fall der Prognose von Todeszahlen und Zusammenbruch des Gesundheitssystems mit der Handlungsempfehlung, Grundrechte auszusetzen, um die Verbreitung des Coronavirus zu unterdrücken, weist alle diese Unzulänglichkeiten auf. Erstens lagen Mitte März keine Daten vor, aufgrund derer man zuverlässig Anfangswerte der Parameter festlegen könnte, die in die betreffende Modellrechnung eingehen. Auf diesen Datenmangel hat der Epidemiologe und Datenwissenschaftler John Ioannidis von der Stanford-Universität hingewiesen. Ferner: Personen, für die eine Infektion mit dem Coronavirus lebensbedrohliche Folgen haben kann, schützen sich selbst, und Solidarität in der Gesellschaft besteht darin, diese Personen zu schützen. Die Studie vom Imperial College ist pessimistisch in Bezug darauf, dass ein gezielter Schutz der Personen, für die das Virus bedrohlich ist, in der Gesellschaft gelingt. Für diesen Pessimismus gibt es aber keine stichhaltige Begründung.
Wenn eine Infektionswelle anrollt, die eine bestimmte Gruppe von Personen bedroht, dann ist die Alternative nicht, entweder gar nichts zu tun oder die Gefahr absolut zu setzen und alles Handeln darauf auszurichten, sie vermeiden zu wollen, welche Folgeschäden auch immer dann eintreten werden. Im konkreten Fall war die Alternative, entweder gezielt – und mit deren Einverständnis – die Personen zu schützen, für die eine Infektion mit dem Virus eine ernsthafte Gesundheitsgefahr darstellt, oder den Notstand auszurufen und alles Handeln darauf auszurichten, die Verbreitung des Virus zu verhindern. Es ist ein Missbrauch von Wissenschaft, zu suggerieren, dass es gesicherte Erkenntnisse gegen erstere und für letztere als die einzige vernünftige Handlungsweise gibt.
Der letztere Weg, den unsere Regierungen mit Unterstützung eines großen Teils der Medien und der Wissenschaft eingeschlagen haben, bietet keine Lösung: Alle Mittel einzusetzen, um die Verbreitung eines Virus zu unterdrücken, verhindert gerade, dass sich Immunität gegen das Virus ausbildet. Es bleibt somit bei uns, und zwar als nunmehr ständige Bedrohung für die Personen, für die es gesundheitsgefährdend ist. Wir laufen Gefahr, in eine Spirale hineinzugeraten, die zu immer weiteren Einschränkungen der Grundrechte führt: Der nächste Schritt wäre, die Bewegungen aller Menschen mittels einer Corona-App und zentraler Datenspeicherung zu überwachen. Der übernächste Schritt wäre der Impfzwang. Dabei weisen die Daten, die inzwischen zur Verfügung stehen, darauf hin, dass der Höhepunkt der Infektionswelle schon erreicht war, der Anstieg der Infektionen also ohnehin im Begriff war zurückzugehen, als die Zwangsmaßnahmen eingesetzt wurden.
Mehr noch, man wusste von Anfang an, dass die Zwangsmaßnahmen auf eine größere Anzahl von Todesopfern hinauszulaufen drohen, als es Coronatodesfälle selbst unter den pessimistischen Prognosen geben würde. Nur treten diese Todesopfer nicht auf einmal und im Rampenlicht der Medien auf, sondern über mehrere Jahre verteilt und in der Stille. Ein paar Anhaltspunkte:
• Menschen zu veranlassen, in ihrer Wohnung zu bleiben, sie von Bewegung an der frischen Luft und sozialen Kontakten abzuhalten, schädigt die Gesundheit und schwächt das Immunsystem.
• Das Gesundheitssystem allein auf die Bekämpfung der Verbreitung eines Virus auszurichten, führt zu Todesfällen infolgedessen, dass andere Behandlungen vernachlässigt werden.
• Die tiefgreifende wirtschaftliche Rezession, die man bewusst herbeigeführt hat, wird in den nächsten Jahren zu mehreren Hunderttausend zusätzlichen Todesfällen führen. Zum Beispiel hat die Rezession von 2008 bis 2009 zu schätzungsweise allein 260 000 zusätzlichen Krebstoten in den OECD-Ländern geführt.
• Eine tiefgreifende Rezession bewusst herbeizuführen, hat zur Folge, dass Armut unter den sozial Schwächsten wieder zunimmt, mit den damit verbundenen Todesfällen insbesondere in den Entwicklungsländern.
Einen Aspekt der staatlichen Schutzfunktion im politischen Handeln absolut zu setzen, führt zu größeren Schäden als diejenigen Schäden, die durch die betreffende Gefahr angerichtet werden könnten. Nicht nur unter staatsrechtlichen Erwägungen, sondern auch unter einer reinen Nutzen-/Schadenabwägung, die allein die Zahl der Todesopfer betrachtet, erweist sich der Coronanotstand als Fehler politischen Handelns.
Ein fehlgeleiteter Imperativ der Verantwortung
Wie konnte es passieren, dass alle diese Überlegungen ignoriert wurden? 1979 hat der deutsch-amerikanische Philosoph Hans Jonas ein Buch veröffentlicht mit dem Titel ‹Das Prinzip Verantwortung. Versuch einer Ethik für die technologische Zivilisation›. Der Titel der englischen Ausgabe 1984 bringt besser zum Ausdruck, worum es geht: ‹The imperative of responsibility›. Jonas’ Imperativ der Verantwortung besteht darin, dass die Wissenschaft bewusst Daten und Modelle privilegiert, welche pessimistische Szenarien herausstellen, und dass die Gesellschaft und die Politik ihr Handeln darauf ausrichten, das Eintreten dieser Szenarien zu verhindern. Dieser Imperativ hat eine ganze Generation von Wissenschaftlern und gesellschaftlichen Verantwortungsträgern geprägt.
Heute sehen wir jedoch, dass das Ergebnis ein fehlgeleiteter Imperativ von Verantwortung ist: Es ist gerade nicht verantwortlich, mögliche pessimistische Szenarien absolut zu setzen, als ob es sich dabei um wissenschaftliche Erkenntnisse über die Zukunft handeln würde, und alles staatliche und gesellschaftliche Handeln darauf auszurichten, das Eintreten dieser Szenarien zu vermeiden. Das Unheil, das man auf diese Weise anrichtet, ist in jedem Fall größer als der Schaden, den man durch das entsprechende Handeln abwendet.
Als 1989 die Berliner Mauer fiel, sah die Situation nicht nur in Europa, sondern auch in weiten Teilen der Welt abgesehen von China so aus, als ob sich die freie, offene Gesellschaft definitiv etablieren würde und den Totalitarismus, der weite Teile der Welt im 20. Jahrhundert heimgesucht hatte, hinter sich lassen würde. Heute wissen wir, dass diese Hoffnung verfrüht war. Seit ungefähr zehn Jahren erleben wir die Rückkehr des repressiven Staates in einer langsamen und kaum wahrgenommenen Weise. Zunächst kam die Finanzkrise mit der Folge finanzieller Repression in der Form des Abschaffens freier Preisbildung am Markt in vielen Bereichen und insbesondere des Zinses, wodurch große Finanzakteure und überschuldete Staaten vor den Folgen ihres Handelns gerettet, kleine Sparer aber um die Früchte ihrer Ersparnisse und Rentenaussichten gebracht werden. Dann rückte die Klimakrise in das Bewusstsein der Öffentlichkeit. Die Folge war aber wirtschaftliche Repression in Form einer staatlichen Planwirtschaft mit Regulierungen und Subventionen, statt einen allgemeinen Rahmen zu setzen, der die Folgen des Verbrauchs natürlicher Ressourcen in einer für alle Akteure und Aktivitäten gleich geltenden Weise berücksichtigt und dadurch Raum für die Entfaltung von Kreativität zur Bewältigung der Herausforderungen gibt. Schließlich jetzt die Coronakrise mit Repression der Grundrechte.
Das Erschreckende ist das Verhaltensmuster, auf jede neuartige Herausforderung mit staatlicher Planung zu reagieren, als ob in der Staatsgewalt ein Wissen konzentriert wäre, wie man die jeweilige Herausforderung am besten bewältigt. Wissenschaft droht hier eine Rolle einzunehmen, wie sie die Staatsreligion in der frühen Neuzeit innehatte, nämlich Repression zu rechtfertigen. Dagegen war und ist Aufklärung erforderlich. Ansonsten droht der Weg zum totalen Staat und damit zum größtmöglichen Schaden.
Der Imperativ der Freiheit
Die Einschränkung von Grundrechten hat nur so lange Bestand, wie sie in der Gesellschaft akzeptiert wird – es sei denn, sie wird mit nackter Gewalt durch einen Polizeistaat durchgesetzt oder, subtiler, durch Indoktrination in Medien, wenn diese keinen Raum mehr bieten für Pluralismus und den Austausch verschiedener Argumente, sodass sich jeder eine Meinung bilden kann. Deshalb ist die freie und offene Gesellschaft so wichtig: Sie ist der einzige Weg aus dem Dilemma, das der Rechtsstaat nicht lösen kann, indem er mit Verfügungen für den Notstand die Möglichkeit seiner eigenen Aufhebung schaffen muss.
Für die freie und offene Gesellschaft ist diese Einsicht grundlegend: Kein Individuum, keine Gruppe und keine Institution hat ein Wissen, das es ermöglichen würde, durch zentrale staatliche Planung von Gesellschaft, Wirtschaft und Lebensführung der Individuen ein gemeinsames Gut zu erreichen oder Übel abzuwenden. Karl Popper in ‹Die offene Gesellschaft und ihre Feinde› und Friedrich von Hayek in ‹Der Weg zur Knechtschaft› haben in den 1940er-Jahren gezeigt, wie es ein Missbrauch der Naturwissenschaften ist, deren Methoden in den Sozialwissenschaften einzusetzen, um die Gesellschaft wie ein abgegrenztes, in Laborversuchen kontrollierbares physikalisches System zu planen.
Dem zugrunde liegt das Fehlurteil, das mit dem Szientismus schon in Teilen der Aufklärung angelegt ist und das in der Meinung besteht, Personen und ihre Interaktionen wie materielle Objekte und deren Verhalten behandeln zu können. Aus der Tatsache universeller Gesetze in der Physik, genetischer und neurobiologischer Mechanismen, die unser Verhalten beeinflussen, wird in Teilen der Wissenschaft und darüber hinaus der Fehlschluss gezogen, dass wir gar keine Freiheit haben. Gegen einen solchen Missbrauch wissenschaftlicher Erkenntnisse ist Aufklärung erforderlich: Freiheit im Denken und Handeln ist die Voraussetzung dafür, überhaupt die Sprache ausbilden zu können, mit der man naturwissenschaftliche Theorien formulieren, rechtfertigen und in Laborexperimenten überprüfen kann. Inzwischen geht der Missbrauch von Wissenschaft noch weiter, nämlich in Form des Missbrauchs von Daten und Modellen in der Naturwissenschaft selbst, um staatliche Repression zu rechtfertigen – motiviert durch einen fehlgeleiteten Imperativ von Verantwortung, der darin besteht, mögliche Gefahren absolut zu setzen und zentrale staatliche Planung der Gesellschaft einzusetzen, um diese Gefahren abzuwenden, womit man aber dem totalen Staat den Weg bereitet.
Der Imperativ der Verantwortung ist ein Imperativ der Freiheit. Die Staatsgewalt ist ausschließlich dadurch gerechtfertigt, dass sie allein den Rahmen setzen kann, in dem sich die Freiheit der Individuen entfalten kann. Zu diesem Rahmen gehört unter anderem auch eine soziale Sicherung für alle und ein Rahmen für die Beschränkung des Gebrauchs natürlicher Ressourcen im Interesse der Handlungsfreiheit anderer, einschließlich zukünftiger Generationen. Genauso gehört aber dazu, dass es keinen absoluten Schutz von Leib, Leben, Gesundheit, Eigentum durch die Staatsgewalt geben kann; denn das erforderte den absoluten Staat und damit die Unterdrückung der Freiheit. Die Würde jedes Menschen besteht in dessen Freiheit und der damit einhergehenden Verantwortung für das eigene Handeln. Diese Würde vernichtet man, wenn man die Menschen und ihren Freiheitsraum als Objekt staatlicher Lenkung behandelt, was auch immer das Ziel solcher Lenkung sein mag.
Was bisher dem Straßenverkehr gehörte, Halte-, Stopp- und Richtungslinien und Ampeln, das gilt jetzt auch zu Fuß. Der Blick zum Boden, ein Teil der neuen Normalität. Illustrationen: Adrien Jutard, Klebeband.
Es ist ein Trugschluss, dass nur Infizierte getestet werden, d.h. Menschen mit Krankheitserscheinungen. Durch über 1,5 Mio-fache Testungen, insbesondere an völlig symptomlosen Menschen, ist die Gefahr, dass falsch Positive gemessen werden mit einem PCR-Test, der mit einem CT-Wert von 45 viel zu viele Wiederholungen aufweist, als dass er noch richtig messen kann.
Selbst Dr. Drosten hat ja zu Zeiten von Sars-CV-1 gesagt, dass ein Virus, der über die Nasenschleimhaut einer Krankenschwester gerutscht ist, noch keine Infektion ausmacht. Dazu gehört etwas mehr als eine Virussequenz. Eine Viruslast ist also nur bei einem CT-Wert unter 25 messbar. Es sind inzwischen beim PIlse CR-Test 10 schwere wissenschaftliche Fehler festgemacht worden, und es wird angestrengt, den Test zurückziehen zu lassen.
Es wird inzwischen davon ausgegangen, dass mind. 95% der Tests falsch positiv sind.