Biosphären-Menschen

Die Atmosphäre im Raum war unangenehm und spannungsgeladen. Menschen sahen sich nicht an, aber beobachteten sich. Misstrauen und Vorsicht lagen in der Luft. Oder auch: Die Stimmung war ausgelassen. Es herrschte eine warme und offene Atmosphäre. Man lächelte und winkte sich zu. Jeder konnte frei atmen.


Bild: Adrien Jutard, 2021

Der naturwissenschaftliche Begriff der Atmosphäre, der den Luftraum, die gasförmige Hülle eines Planeten, betrifft, hat längst Einzug gehalten in seelische und soziale Territorien. Wir gebrauchen ihn zum Beschreiben. Die ‹atmosphärische› Perspektive bleibt allerdings, wie die Wolkenhülle, von außen oder oben betrachtend. Ich bin immer noch in der Lage, das Phänomen zu überblicken, mir ein Urteil darüber zu bilden. Ich kann mehr oder weniger sagen, was geschieht.

Der Begriff der Biosphäre ist bisher noch nicht in unser Alltagsbewusstsein vorgedrungen. Die Biosphäre umfasst alle Räume der Erde, in denen Lebewesen vorkommen, und reicht von fünf Kilometern unter der Oberfläche bis 60 Kilometern in die Höhe. In den Randbereichen leben nur noch Mikroorganismen. Wir Menschen sind mittendrin und beeinflussen als ‹Biosphären-Menschen› (Raymond Dasmann, 1976) unterschiedlichste dieser Lebensräume. Wir sind ein Teil, und zwar kein unabhängiger, von all diesem Leben.

Wenn wir nicht mehr nur aus Überschau denken, forschen, formulieren, sondern auch aus einer Perspektive des Mittendrins, zu welcher Art von Aussagen, Urteilen oder Handlungen würde uns die ‹biosphärische› Perspektive führen? Wie würden wir Ereignisse beschreiben in ihrer ‹Biosphäre›? Welche Parameter wären dafür noch in Betracht zu ziehen? Wie war die Atmo-, äh, Biosphäre in eurem Urlaub?

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