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Belastet unsere Existenz die Erde?

Insofern können wir unserer Umwelt durch bewusstes und aufmerksames Wahrnehmen neues Leben schenken, während ein oberflächliches und unachtsames Wahrnehmen der Umwelt eher abtötend auf diese wirkt. Bewusstes Wahrnehmen bedeutet also zugleich eine Art von aktivem Umweltschutz.


Die Frage, ob die Menschheit in der Lage ist, das von ihr produzierte CO2 wirksam zu begrenzen, ist zu einer Überlebensfrage der Menschheit geworden. Der Zuwachs an Kohlendioxid in der Atmosphäre erscheint wie ein Barometer für den heutigen Zustand unseres Planeten, auch wenn dies von Skeptikern nach wie vor infrage gestellt wird (1). Welchen Stellenwert hat vor diesem Hintergrund der Protest der Greta Thunberg und der ‹Fridays for Future›-Bewegung?

Welche Bedeutung hat das CO2?

Zunächst gilt es zu verstehen, welche Rolle das CO2 , die Kohlensäure, sowohl im Menschen wie in der Natur spielt. CO2 entsteht im Menschen durch die Atmung, wenn der eingeatmete Sauerstoff bei der Ausatmung mit Kohlenstoff angereichert und an die Luft abgegeben wird. Der dadurch unbrauchbar gewordene Sauerstoff würde, wenn es nur Menschen und Tiere auf der Erde gäbe, in kürzester Zeit zu einer Art Erstickungstod der Menschen und der Tiere führen. Rudolf Steiner bezeichnet die Kohlensäure deshalb auch als ein tötendes Gift (2). Dank der Pflanzen aber, die die Kohlensäure wiederum einatmen, den Kohlenstoff behalten und Sauerstoff ausatmen, wird die Luft für Mensch und Tier wieder belebt. Pflanzen und Menschen leben somit in einem lebensschaffenden Zusammenhang, wobei für die Pflanzen natürlich noch das Sonnenlicht erforderlich ist. Es braucht also für das, was der Mensch durch seine Atmung aus der Luft macht, für die abtötende Kohlensäure, einen Ausgleich. Diesen Ausgleich hat Rudolf Steiner für den sozialen Organismus bereits vor 100 Jahren interessanterweise am Beispiel des Wirtschaftslebens illustriert:

«In dem Organismus muss die eingeatmete Luft fortwährend in Unbrauchbares umgewandelt werden. Der Sauerstoff muss zur Kohlensäure umgewandelt werden. Deshalb müssen Einrichtungen da sein, die das Umgewandelte, unbrauchbar Gewordene durch Brauchbares ersetzen. Wer sachgemäß sein am menschlichen Organismus geschultes Urteil bei einer unbefangenen Betrachtung des sozialen Organismus anwendet, der findet, dass das eine Glied dieses Organismus, der Wirtschaftskreislauf, gerade dann, wenn er sachgemäß eingerichtet ist, fortdauernd Verhältnisse hervorbringen muss, die durch andere Einrichtungen wieder auszugleichen sind. So wenig man von der Organeinrichtung, die im menschlichen Organismus daraufhin geordnet ist, dass sie den eingeatmeten Sauerstoff unbrauchbar macht, verlangen kann, dass sie ihn wieder brauchbar mache, so wenig sollte man von dem Wirtschaftskreislauf voraussetzen, dass in ihm selbst die Einrichtungen entstehen können, die ausgleichend auf dasjenige wirken, was er aus dem Leben heraus Leben-Hemmendes erzeugen muss.»(3)

Hier wird deutlich, dass im sozialen Organismus die schädlichen, d. h. abtötenden Wirkungen des Wirtschaftslebens nur durch ein anderes Glied des sozialen Organismus, das Geistesleben, das dem Wirtschaftsleben gegenüber belebend wirksam ist, ausgeglichen werden können, nicht durch das Wirtschaftsleben selbst. In diesem Sinne entspricht der CO2-Ausstoß der Menschheit, der ja hauptsächlich vom Wirtschaftsleben ausgeht, diesem schädlich wirkenden Prinzip des Wirtschaftslebens. CO2 erscheint daher wie ein Synonym für die schädigende Einseitigkeit des Wirtschafslebens und eines Übergewichtes von abgestorbenem Ballast.

Es gibt jedoch noch einen weiteren Hinweis Steiners, der darauf aufmerksam macht, dass es zu der abtötenden Wirkung der Kohlensäure, die beim Ausatmen entsteht, eine Entsprechung gibt: Indem ein Sinneseindruck von unseren Sinnesorganen und unserem physischen Organismus aufgenommen wird, verliert er zunächst sein äußeres Leben und wird abgetötet. Dadurch aber, dass wir diesen Eindruck bewusst wahrnehmen und uns ihm bewusst zuwenden, wird er durch unseren Ätherleib wieder belebt: «Darin haben wir das Wesen der Sinnesempfindung. Wie Ertötung und Belebung im Atmungsprozess entsteht, indem wir den Sauerstoff einatmen, und ausatmen die Kohlensäure, so besteht eine Wechselwirkung zwischen gewissermaßen erstorbenem Äther und belebtem Äther in der Sinnesempfindung.»(4)

Insofern können wir unserer Umwelt durch bewusstes und aufmerksames Wahrnehmen neues Leben schenken, während ein oberflächliches und unachtsames Wahrnehmen der Umwelt eher abtötend auf diese wirkt. Bewusstes Wahrnehmen bedeutet also zugleich eine Art von aktivem Umweltschutz. Weitere Hinweise Steiners zielen darauf hin, dass sich die Zusammensetzung der Atemluft beim Meditieren so verändert, dass der Meditierende den sonst mit dem Sauerstoff ausgeatmeten Kohlenstoff bei sich behält und seinen Atem dadurch dem Atem der Pflanze ähnlich macht (5). Damit wird die Atemluft von dem ertötenden Kohlenstoff befreit und gewissermaßen gereinigt, während unser normaler Atem erst durch die Pflanzenwelt gereinigt werden muss. Eine Meditation, bei der dieses Phänomen eintritt, wäre dann auch ein Beitrag zum Klimaschutz.

 


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Greta Thunbergs Protest und der Weltklimarat IPCC

Mit einem für ihre Verhältnisse stark emotionalen bis tränenerfüllten Auftritt beim UN-Klimagipfel am 23.9.2019 brachte Greta Thunberg erneut ihre Verzweiflung gegenüber der Untätigkeit der Politiker angesichts des immer bedrohlicher erscheinenden Klimawandels zum Ausdruck. Zuvor war sie aus Protest gegen das Fliegen mit einer Rennsegeljacht über den Atlantik gereist, und am 20.9. waren ihrem Aufruf zum weltweiten Klimastreik Hundertausende von Menschen auf allen Kontinenten gefolgt. In einem Interview mit der französischen Tageszeitung ‹Libération› vom 15.7.2019 mit dem Titel ‹2020 ist unsere letzte Chance› anlässlich ihres Auftrittes in der französischen Nationalversammlung antwortete Greta Thunberg den Journalisten auf die Frage, was sie zu ihren Schulstreikaktionen besonders motiviert habe: Es sei das Bewusstsein, das auch andere Jugendliche ihres Alters mit ihr teilen würden, dass alleine ihre Existenz täglich dazu beitrage, dass sich die Klimakrise immer weiter verschärfe. Durch den mit jeglichem materiellen Tun verbundenen Ausstoß des Treibhausgases CO2 wirke sie daran mit, dass unsere Erde einer Katastrophe entgegengehe. Der Schulstreik und ihre Protestaktionen seien das einzige Mittel gewesen, um gegen ihre Traurigkeit und Angst anzugehen und sich davon zu befreien. Zuvor hatte die am Asperger-Syndrom leidende Schülerin sich jahrelang mit der Klimaforschung beschäftigt. Nun möchte sie die Menschen auf das drohende Szenario eines globalen Kollapses aufmerksam machen, sie «in Panik versetzen», wie sie beim Weltwirtschaftsforum in Davos Anfang 2019 sagte (6). Denn ihr sei es tatsächlich völlig unverständlich, wie so viele erwachsene und verantwortlich tätige Menschen angesichts der drohenden Katastrophe nach wie vor untätig zuschauen könnten, wie die Welt buchstäblich zugrunde geht.

Die Klimawissenschaft vertritt gemeinsam mit dem Weltklimarat der UNO (IPCC) schon seit den 90er-Jahren die von Greta Thunberg als so schmerzvoll erlebte Aussage, dass die menschliche Existenz durch den immer mehr zunehmenden CO2-Ausstoß das Leben auf der Erde letztlich unmöglich machen werde (7). Durch Greta Thunbergs Protest, der sich heute weltweit in den ‹Fridays for Future›-Aktionen ausbreitet, werden nun immer mehr Menschen von diesem Bewusstsein erfasst: «Unsere Existenz belastet die Erde!» Denn das konsequente Resümee der durch die Klimaforschung erstellten Berechnungen der Erderwärmung durch das vom Menschen produzierte CO2, von dem ein Teil auch aus unserer Atemluft stammt, ist, dass es für die Erde am besten wäre, wenn das vom Menschen produzierte CO2 abzüglich des durch die Pflanzenwelt und die Weltmeere absorbierten CO2 netto bei null läge, das natürliche Gleichgewicht also wiederhergestellt würde. Da das der Menschheit aber nur sehr schwer beizubringen ist, entwickelt sich daraus vor allem durch den IPCC eine Art Zwangssozialisierung der Menschheit. Angesichts der drohenden Klimakatastrophe soll die Menschheit durch CO2-Steuern und andere disziplinierende Maßnahmen zum Verzicht auf jegliche fossilen Brennstoffe verpflichtet werden. Dabei sind die Klimaprognosen des IPCC aufgrund der Komplexität der Zusammenhänge mit Vorsicht zu betrachten. Denn wie sich das Klima tatsächlich entwickeln wird, hängt von so vielen unterschiedlichen Faktoren ab, dass konkrete Vorhersagen nur sehr schwierig zu erstellen sind (8).

Der Kampf um das Klimaverständnis

Die Gegner dieser Theorie dagegen schließen den Menschen als Wirkfaktor für die Klimaerwärmung kategorisch aus und weisen gemäß ihrer Auffassung eindeutig nach, dass der Magnetismus der Sonne die ansonsten aus dem Kosmos kommende Strahlung zurückdrängt, die für eine deutlich dichtere Wolkendecke und somit eine Abkühlung der Erde sorgt (9). Damit leisten sie wiederum den sogenannten Klima-Leugnern, zu denen auch Donald Trump und die AfD gehören, Vorschub, die aus diesem Grunde keinen Anlass sehen, den CO2-Ausstoß der Menschheit nennenswert zu reduzieren und ihre Freiheit einzuschränken.

Wir haben es bei der Klimafrage, wie mir scheint, mit einem ideologischen Kampf zu tun, einer Neuauflage des Kampfes zwischen Kommunismus und Kapitalismus, zwischen extrem links und extrem rechts, man könnte auch sagen zwischen Ökozentrismus und Anthropozentrismus.

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Die schädlichen Wirkungen des Wirtschaftslebens können nur durch ein anderes Glied des sozialen Organismus, das Geistesleben, das dem Wirtschaftsleben gegenüber belebend wirksam ist, ausgeglichen werden, nicht durch das Wirtschaftsleben selbst.

Der Ökozentrismus sieht kein sich geistig entwickelndes Ich im Menschen und möchte das Bewusstsein von der Zusammengehörigkeit aller Lebewesen und ihres Entstehens und Vergehens in gegenseitiger Abhängigkeit wecken. Er kann aber keine Antwort auf die Frage geben, was für einen Sinn die menschliche Existenz auf Erden hat und warum der Mensch überhaupt in der Evolution entstanden ist. Der Sinn des Ganzen bleibt im Dunklen. Und damit entsteht eine Art von Pessimismus der Zukunft gegenüber, eine Art Verneinung der menschlichen Existenz auf Erden, die nur dadurch aufgehoben werden kann, das man den Menschen zwangsweise sozialisiert, so wie es der Kommunismus getan hat und teilweise immer noch tut. Die Klimawissenschaftler, die mit Sorge auf den Anstieg des CO2 blicken, kann man in dieser Hinsicht als eine Art Neuauflage einer linksgerichteten Weltanschauung erleben.

Das andere Lager der Anthropozentristen arbeitet gegen diese Auffassung und will dabei das ‹schlechte Gewissen› loswerden. Ihm arbeitet die Theorie, dass das Klima unabhängig vom Menschen entsteht, natürlich sehr in die Hände. Hier besteht die große Gefahr des ‹Weiter so›, des ‹Me first›, im Sinne von ‹Wir lassen uns unser Menschsein nicht nehmen› usw. Hierdurch spricht sich vor allem das kapitalistische, rechtsgerichtete Unabhängigkeitsstreben aus (10).

Die Frage nach der Moralität und der mittlere Weg

Auf dem Hintergrund der oben dargestellten Wirksamkeit des vom Menschen erzeugten CO2 im Sinne eines moralischen Giftes sind Greta Thunbergs Appelle sehr real zu nehmen und als eine Aufforderung zur ‹Reinigung› unserer ‹Atemluft› in einem umfänglichen Sinne zu verstehen. Denn sowohl eine Intensivierung unserer Sinneswahrnehmung wie ein meditatives Leben können, wie von Steiner angedeutet, schon unseren ganz persönlichen CO2-Haushalt verbessern. Gesamtgesellschaftlich aber können die schädigenden Wirkungen des Wirtschaftslebens und damit auch eines zu starken CO2-Ausstoßes, der in diesem Sinne nicht nur Ausdruck des vorherrschenden Materialismus, sondern auch des selbstgenießerischen Hedonismus der Menschheit ist, nur durch einen Ausgleich dieser Schädigungen vonseiten des Geisteslebens bewältigt werden. Dieser Ausgleich müsste im Sozialen der oben erwähnten Wirksamkeit der Pflanzenwelt für den menschlichen Organismus entsprechen.

Zwischen den beiden Extremen, dem, wie mir scheint, rechtsgerichteten Anthropozentrismus und dem linksgerichteten Ökozentrismus, sucht die Anthroposophie einen mittleren Weg. Den Menschen als Verantwortungsträger für die Erde und ihre weitere Entwicklung anzusehen, ob mit oder ohne Klima, das wird nur in dem Maße gelingen, als die geistige Dimension des Menschen, seine Ich-Entwicklung verstanden und nicht geleugnet wird. Das tun aber sowohl die Ökozentristen wie die Anthropozentristen in der Regel. Sie sehen alles nur aus einer materialistischen Perspektive. Und während die Rechten unter Berufung auf die kosmischen Ursachen des Klimawandels alles am liebsten so belassen würden und in egoistischer Manier weiter CO2 ausstoßen möchten, versuchen die Linken, die Menschheit zwangsweise zu sozialisieren. Dieses Drängen auf ein gemeinschaftliches, sozialisiertes Handeln der Menschheit kann man zwar gut nachvollziehen, doch fehlt diesem Ökozentrismus ebenso wie dem Anthropozentrismus der Bezug zu dem, was als Geistiges in der Natur unbewusst wirksam ist, dessen sich der einzelne Mensch jedoch durch bewusste geistige Aktivität in der Meditation bewusst werden kann (11).

Weder ein verfrühtes Vereinheitlichen der Menschheit noch ein Beharren auf dem jetzigen Status quo oder gar ein Zurück in alte Zeiten führen uns also weiter. Daher scheint sich die Problematik des CO2 und seiner Reduktion vor allem daran zu entscheiden, ob wir den Menschen als geistiges Wesen begreifen können oder nicht. Der erwähnte sozial notwendige Ausgleich benötigt also den Bezug zur geistigen Dimension der Ich-Entwicklung des Menschen.

 


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Die Gesundung des sozialen und des natürlichen Organismus der Menschheit

Wie aber könnte ein solcher Ausgleich konkret aussehen? Wieweit das Klima durch die vorgeschlagenen drastischen Maßnahmen der CO2-Reduktion tatsächlich positiv beeinflusst werden kann, ist gegenwärtig ein ständiger Streitpunkt zwischen einer breiten Mehrheit, die deutlich den anthropogenen Ursprung des Klimawandels wahrnimmt, und der klimaskeptischen Minderheit. Greta Thunberg und mit ihr die gegenwärtige gegen den Klimawandel protestierende Jugend und die sich ihr anschließenden Wissenschaftler und Unternehmer von Scientists for Future und Entrepreneurs for Future haben in jedem Falle recht, wenn es darum geht, den Schädigungen, die der Erde durch das heute weltweit dominierende Wirtschaftsleben zugefügt werden, entgegenzutreten. Diese Dominanz des Wirtschaftlichen führt jedoch im sozialen Organismus gezwungenermaßen zu einem Zusammenschluss der Wissenschaft, also des Geisteslebens, mit den staatlichen und überstaatlichen Organisationen des Rechtslebens, wie wir es gegenwärtig in Gestalt des IPCC erleben, solange das Geistesleben nicht wirklich frei und unabhängig von staatlichen Übergriffen ist.

Der oben angedeutete Ausgleich für die Schädigungen, die dem sozialen und natürlichen Organismus der Menschheit durch das Wirtschaftsleben zugefügt werden, müsste jedoch anders aussehen, wenn er wirklich zu einer Gesundung beitragen sollte. Denn auch in der Natur geschieht der Ausgleich, wie wir an dem Zusammenhang von Pflanzenleben und menschlicher Atmung gesehen haben, ja auf friedvolle Art und Weise. Diesen Frieden mit der Natur kann der Mensch aber nur herstellen, wenn er sein eigentliches Verhältnis zur Natur richtig versteht und sich nicht mehr als bloßer Zuschauer, der letztlich zum Störfaktor degradiert werden muss, sondern als die Natur im positiven Sinne weiter entwickelnder Evolutionsfaktor begreifen lernt. Solange das nicht geschieht, wirkt ein mehr oder weniger unbewusster Pessimismus eher dahin, die rein materialistische Betrachtungsweise zu Prognosen zu verwenden, die mehr der Ausdruck dieses Pessimismus sind, als dass sie einer tatsächlichen Realität entsprechen würden (12).

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Eine meditative Grundübung der Natur gegenüber besteht in dem Sicheinlassen und -einfühlen in die überall in der Natur wahrzunehmenden Vorgänge des Sprießens und Sprossens und des Welkens und Vergehens.

Eine meditative Grundübung der Natur gegenüber besteht in dem Sicheinlassen und -einfühlen in die überall in der Natur wahrzunehmenden Vorgänge des Sprießens und Sprossens und des Welkens und Vergehens. Beide Vorgänge werden in meditativer Vertiefung als zusammengehörig erlebt. Das heutige Überwiegen der Vorgänge des Absterbens, das in dem immer mehr zunehmenden Anteil von Kohlensäure in unserer Atmosphäre zum Ausdruck kommt, macht darauf aufmerksam, dass wir selbst als Menschen aufgefordert sind, dem Absterbenden das Belebende auf geistige Weise wieder hinzuzufügen. Statt die Natur ständig zu benutzen, um ein noch größeres wirtschaftliches Wachstum zu erreichen, was unter dem Stichwort ‹Nachhaltigkeit› trotz Klimakrise nach wie vor das Ziel fast aller gegenwärtigen Staaten dieser Erde ist, ginge es in dieser Perspektive vor allem darum, den Beitrag, den der Mensch durch spirituelle Arbeit an der Natur, durch ein geistig inspiriertes Naturverständnis und ein demgemäß ausgerichtetes Geistesleben zu leisten in der Lage ist, als den eigentlichen Wachstumsfaktor der Zukunft zu begreifen (13).

Durch eine solche geistige Wende aber könnte sich das Wirtschaftsleben wieder seiner eigentlichen Aufgabe im sozialen Organismus zuwenden, nämlich einer mit den irdischen Gegebenheiten sorgsam umgehenden Bedürfnisversorgung. Als ein wegweisendes Beispiel für ein solches Wirtschaftsleben sei hier die heute weltweit verbreitete biologisch-dynamische Landwirtschaft genannt, deren diesjährige internationale Tagung genau diesem Thema, nämlich der Wirtschaftlichkeit gewidmet war (14). Statt dass sich, wie es gegenwärtig geschieht, die drei Glieder des sozialen Organismus gegeneinander geradezu bekämpfen, würde durch ein dem tatsächlichen Verhältnis des Menschen zur Natur entsprechendes Geistesleben auch das Wirtschaftsleben zu seiner eigentlichen Aufgabe zurückfinden können.

Auch wenn das hier Formulierte zunächst hypothetisch klingt, soll es als eine geistige Perspektive dem in der Klimafrage herrschenden Pessimismus entgegengehalten werden: Jeder Mensch, der sich vom reinen Materialismus befreit und damit seine eigenen spirituellen Möglichkeiten entdeckt, entwickelt auf natürliche Weise ganz andere Bedürfnisse als ein rein materialistisch gesinnter Mensch. Allein dadurch aber ließe sich der CO2-Ausstoß, der letztlich Ausdruck materialistischer und natürlich auch leiblicher Bedürfnisse ist, deutlich reduzieren. In diesem Sinne würde dann das Geistesleben die Funktion ausüben, die dem menschlichen Organismus gegenüber mit seinem Verbrauch von Sauerstoff und Ausstoß von Kohlensäure die Pflanzenwelt übernimmt. Der Gleichgewichtszustand unserer Erdatmosphäre würde auf diese Weise zu einer Art Spiegel für den Gleichgewichtszustand des sozialen Organismus.

Abschließend greifen wir im Sinne des Verständnisses der Dreigliederung des sozialen Organismus eine Formulierung Rudolf Steiners von vor 100 Jahren auf und wandeln diese versuchsweise dahingehend ab, dass wir an die Stelle des Wortes ‹Sozialisierung›, das Rudolf Steiner damals aus aktuellem Anlass gebrauchte, das Wort ‹Klimarettung› setzen: «Man kann heute von ‹Klimarettung› als von dem reden hören, was der Zeit nötig ist. Diese ‹Klimarettung› wird kein Heilungsprozess, sondern ein Kurpfuscherprozess am sozialen Organismus sein, vielleicht sogar ein Zerstörungsprozess, wenn nicht in die menschlichen Herzen, in die menschlichen Seelen einzieht wenigstens die instinktive Erkenntnis von der Notwendigkeit der Dreigliederung des sozialen Organismus.» (15)


(1) Rex J. Fleming, The Rise and Fall of the Carbon Dioxid Theory of Climate Change. Springer Nature Switzerland, Cham 2020.
(2) Vgl. den Vortrag vom 14.3.1907 in GA 55.
(3) GA 24, S. 100.
(4) Vortrag vom 17.3.1917, in GA 66, S. 166 f.
(5) Esoterische Stunde vom 6.5.1906, GA 266a.
(6) Vgl. dazu Greta Thunberg, Ich will, dass ihr in Panik geratet. Meine Reden zum Klimaschutz. Frankfurt M. 2019.
(7) Am schärfsten hat der amerikanische Journalist David Wallace-Wells diesen Pessimismus in seinem Buch ‹Die unbewohnbare Erde. Leben nach der Erderwärmung›, München 2019, zugespitzt. Deutlich weniger pessimistisch sieht es der Begründer der Gaia-Theorie und Vorreiter der heutigen Klimafolgenforschung James Lovelock in seinem Resümee zum Klimawandel in ‹A rough Guide to the Future›, London 2014.
(8) Vgl. dazu James Lovelock, a. a. O., der trotz seiner jahrzehntelangen Begleitung und Unterstützung der Klimafolgenforschung dazu rät, die Prognosen des IPCC mit Vorsicht zu betrachten.
(9) Rex J. Fleming beruft sich in seiner oben erwähnten neuen Studie auf H. Svensmarks und N. Calders Untersuchungen ‹Sterne steuern unser Klima: Eine neue Theorie zur Erderwärmung›, Düsseldorf 2008.
(10) In diesem Sinne arbeiten z. B. die der identitären Bewegung nahestehende Aktivistin Naomi Seibt, die als eine Art Gegenbild zu Greta Thunberg erscheint: https://www.youtube.com/watch?v=w_9DUPoI_WU&t=5s und der Trump-Unterstützer Marc Morano mit seinem Buch ‹The politically incorrect Guide to Climate Change›, Washington 2018.
(11) Übrigens sieht auch James Lovelock in seinem oben zitierten Buch den Menschen als den eigentlichen Entwicklungsfaktor für das von ihm beschriebene Erdsystem Gaia an.
(12) Selbst das Sondergutachten ‹Klimaschutz als Weltbürgerbewegung› des Wissenschaftlichen Beirats der Bundesregierung Globale Umweltveränderungen (WBGU, Berlin 2014, S. 11) gibt zu, dass alle Klimamodelle immer erst nach Ablauf des Vorhersagezeitraums mit der Realität überprüft und entscheidende Faktoren wie die Wolkenbildung gar nicht in die Modelle einbezogen werden können. Auch beruhen solche Modellvorhersagen immer auf der Projektion von vergangenen Entwicklungen in die Zukunft.
(13) Der Verfasser arbeitet zurzeit an einer umfangreichen Studie zum Klimawandel, zur Entwicklungsgeschichte des ökologischen Denkens und seiner Erweiterung durch die Anthroposophie.
(14) Vgl. dazu die Dokumentation der Landwirtschaftlichen Tagung der Sektion für Landwirtschaft am Goetheanum, ‹Land-Wirtschaft zwischen Hof und Welt›, Dornach 2019.
(15) Rudolf Steiner, Die Kernpunkte der sozialen Frage. GA 23, S. 61. Anstelle von ‹Klimarettung› spricht Rudolf Steiner von ‹Sozialisierung›.

Bilder: Illustrationsreihe 6/G43, Adrien Jutard

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