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Augenblick der Zuwendung

Aus sozialer Sicht eröffnen sich momentan zwei Perspektiven: ‹Corona› kann Menschen stärker zusammen und in einen aktiven Austausch bringen oder auch verängstigen und vereinsamen. Wir sprachen mit Bernd Ruf, Schulleiter des Parzival-Zentrums in Karlsruhe, über die Perspektive der Notfall- und Traumapädagogik, die sonst in von Krieg oder Naturkatastrophen betroffenen Gebieten eingesetzt wird.


Was bedeutet die Corona-Epidemie für die notfallpädagogischen Einsätze?

Aufgrund der Ausgangssperren und der Grenzschließungen sind internationale Einsätze zurzeit nicht durchführbar, obgleich in einigen Ländern bereits jetzt erheblicher Unterstützungsbedarf besteht. Wir koordinieren und unterstützen unsere notfallpädagogischen Auslandteams in 34 Ländern durch inhaltliche und logistische Beratungen, Materialien und ggf. auch mit Finanzzuwendungen in ihren vielfältigen Aktivitäten. Die Produktion unserer Video-clips (siehe ‹Hilfsangebot für zu Hause›) und aller Materialien zur psychosozialen Stabilisierung erfolgt zum Beispiel auch in englischer, spanischer, portugiesischer, italienischer, französischer und russischer Sprache. Wir werden unsere Unterstützungsleistungen der weiteren Bedarfsentwicklung flexibel anpassen.

Welche Gefahren und welche Chancen sehen Sie gegenwärtig?

Covid-19 bringt vielfach Isolation, Ausgrenzung, Spaltung, Selektion. Die tendenzielle Gefahr in dieser Situation ist, dass uns vermittelt wird, dass jeder Mensch eine tödliche Bedrohung des anderen Menschen sei. Dem gilt es, konsequent das Prinzip menschlicher Solidarität, Brüderlichkeit und gegenseitiger Hilfe entgegenzusetzen. Dann kann auch diese Bedrohung letztlich doch etwas Gutes bewirken!

Haben Sie einen pädagogischen Rat für Eltern und Angehörige?

Kinder benötigen in dieser angespannten Situation stabile Erwachsene, um selbst stabil bleiben zu können. Sie brauchen verstärkte Zuwendung von Bezugspersonen, eine geregelte Alltagsstruktur, Rhythmus, Rituale, Bewegung und die Pflege religiös-spiritueller Gefühle. Hilfreich sind jetzt beispielgebende, altersgemäße, heilende und seelisch ernährende Bilder, wie sie in Märchen, Legenden oder vielen Biografien vorkommen. Wichtig ist auch, dass Kinder ihre Gedanken und Gefühle in Gesprächen oder in alternativen kreativen Formen wie Zeichnen, Malen, Singen, Musizieren, Tanzen und Modellieren ausdrücken können. Das alles entlastet, hilft bei der Verarbeitung und beugt möglichen traumatischen Entwicklungen vor.


Bild: Bernd Ruf

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