Das neue Buch von Philip Kovce verschafft Luft.
Am Vormittag des Ostersonntags lese ich Freunden einige Aphorismen aus Philip Kovces neuem Bändchen vor. Und wir beginnen einen ‹Gedankentauschring›: Wie versteht wer was und was fühlt er oder sie dazu? Die Aphorismen sind schöne Möglichkeiten, mit Menschen ins Gespräch zu kommen. So sagt auch schon der Titel des Buches: ‹Wenn alles gesagt ist, beginnt das Gespräch›.
Manche Einträge erinnern eher an Peter Handkes Notizbücher. Momentaufnahmen, Blitzlichter eines erlebten Gedankens. Manche sind eher Empfindungen, wie kleine gemalte Bilder aus Geistsubstanz. Diese Aphorismen sind entstanden zwischen 2013 und 2022. Man spürt die Entwicklung eines jungen Menschen darin, der wächst, der sich weitet, der Wege in Gedanken und immer auch mit der Welt gegangen ist. «Leser sind Autoren niemals näher als beim Lesen», heißt einer seiner Kristalle. Und dem man dort begegnet, ist sympathisch, öffnend, wohlwollend, freilassend, ehrlich, selbstkritisch, sich zur Verfügung stellend. Manchmal kann man herzhaft schmunzeln, manchmal braucht man eine Weile, um die Drehbewegungen eines Wortspiels zu verstehen. Auch erkennt man sich selbst wieder.
Interessanterweise macht das Büchlein ruhig. Die kleinen aphoristischen Häppchen schaffen sich selbst die Ruhe zum Aufnehmen. Die grafische Gestaltung hat auch Luft gelassen. Es ist anders als bei einem Roman oder einem philosophischen Essay. Verwundert stelle ich fest, dass die Aphorismensammlung durchaus ein Format ist, das sich wiederzuentdecken lohnt. «Wären die Augenblicke nicht ewig, sie trügen mich nicht durch die Zeit», heißt ein weiterer Kristall. So schlendert man hindurch, kann hier oder da blättern, kommt zurück oder kehrt um.
Fast möchte ich meinen, dieses Buch gehört nicht ins private Bücherregal, sondern in den öffentlichen Raum: auf den Tisch im Wartezimmer oder im ICE-Bistro, auf die Parkbank oder in die Ferienwohnung. Denn «Wohin ginge mein Schatten, wenn er sich frei bewegen könnte?».
Buch Philip Kovce: Wenn alles gesagt ist, beginnt das Gespräch. Futurum-Verlag, Basel 2023
Sehr geehrte Frau Bartel, mit grossem Interesse habe ich Ihre Vorstellung der Aphorismen von P.Kovce gelesen. Zu Aphorismen habe ich eine ganz besondere Beziehung durch meine Mutter Christine Berger-Gerster. Sie ware jahrelang tätig in der Wochenschrift ‚Das Goetheanum‘ bei Prof. Hiebel und hat zeitlebens – da sie eine besondere Beziehung zur Sprache hatte, ganz privat für sich eben auch unzählige Aphorismen verfasst. Vor Jahren habe ich diese ‚einfach so‘ einmal zusammengestellt und möchte sie Ihnen als kleines aperçu zum Schmunzeln und Nachdenken anbieten….. aber: wie kann ich Ihnen denn einen Text schicken?
Entschuldigung für die späte Reaktion. Sie können dafür am besten redaktion@dasgoetheanum.com direkt schreiben.