Zuschrift von Hans-Günther Koch zur Buchrezension über ‹Nichts ist, wie es scheint› von Michael Butter in ‹Goetheanum› Nr. 48.
[…] Michael Butter ein Bestreben und sogar das Gelingen zu attestieren, «ein Licht der Objektivität in die Sache zu werfen», ist eine gewagte Behauptung. Typisch für ihn ist, wie es auch in der Rezension zu finden ist, dass völlig Zusammenhangloses vermischt wird: «Eva Hermann, Daniele Ganser, Alex Jones, der Mythos von der jüdischen Weltverschwörung und Donald Trump.» Eine Grundvoraussetzung wäre doch, zuerst zu untersuchen, ob im konkreten Fall eine Verschwörungstheorie vorliegt. Ein nächster Schritt seriöser Forschung müsste sein, die Frage zu klären, ob die in der Theorie dargestellte Verschwörung möglich ist: was dafür und was dagegen spricht. Das es Verschwörungen gab und gibt, bestreitet Butter ja nicht. Als Scheinargument, um nicht auf die Inhalte wirklich eingehen zu müssen, behauptet er, dass sie nicht widerlegbar seien, weil Verschwörungstheoretiker jeden Gegenbeweis als Beweis für die Verschwörung verdrehen würden. Methodisch geht Butter von Halbwahrheiten aus und verbindet diese mit extremen Übertreibungen oder unbelegten Behauptungen, um sein vorher feststehendes Ziel zu erreichen. Er schreibt und spricht in Interviews z. B. über Daniele Ganser und setzt als gegeben voraus: Ganser sei ein Verschwörungstheoretiker. Da er Ganser «die typischen Charakteristika» von Verschwörungstheorien nicht nachweisen kann, wirft er ihm stattdessen vor, dass er geschickt Fragen stelle und ‹etwas› mehr tue. Butter entwickelt ein Bild, das er ‹Verschwörungstheorie› nennt, unterstellt es Ganser und sagt dazu: «Das sagt Ganser zwar niemals explizit, …». Dazu verbreitet er in seinem Buch falsche Angaben über Gansers Biografie, die jeder leicht nachprüfen kann. Wenn Butter dann noch – wenn auch indirekt in Bezug auf Ganser, aber im Kontext – behauptet, dass mit Verschwörungstheorien viel Geld verdient wird, ist das Ganze in diesem Falle eine unverschämte Verleumdung. Ganser hat die gesicherte Existenz einer akademischen Laufbahn mit gutem Einkommen geopfert, um nicht unwahrhaftig werden zu müssen. Butter dagegen kann an Universitäten unterrichten und erhält den ‹Ritterschlag der besonderen Art›, obwohl er merkwürdige Aussagen wie im Interview vom 20. April 2018 verbreitet: «Wer sich mit der NSA befasst hat, den dürften die Enthüllungen Snowdens nicht gewundert haben. Snowden hat lediglich gezeigt, dass die NSA alles tut, um die amerikanischen Interessen zu schützen. Das mag man gutheißen oder nicht – aber die Enthüllungen haben nicht offengelegt, dass die NSA irgendwelche geheimen Ziele verfolgte, von denen niemand etwas wusste.» Wenn es keine Geheimnisse gab, weshalb werden dann Menschen wie Snowden und Assange verfolgt und bedroht? Zu behaupten, dass vor den Enthüllungen bekannt war, was die NSA treibt, und dass ein Geheimdienst keine geheimen Ziele verfolge, ist schon absurd genug. Dies speziell in Bezug auf die NSA zu äußern, obwohl sogar deren Existenz jahrelang geheim gehalten und verleugnet wurde, ist an Dreistigkeit kaum zu übertreffen!
[…] Es ist keine Frage, dass absurde Verschwörungstheorien keine Welterkenntnis bringen. Das haben sie mit dem generellen Ablehnen von sogennanten ‹Verschwörungstheorien› gemeinsam! Wer sich Urteile über etwas bildet, ohne es wirklich geprüft zu haben, bleibt bei Vorurteilen und nimmt nur auf, was in sein bisheriges Weltbild passt. Das betrifft alltägliche Handlungen, die Beziehung zu Mitmenschen, Fragen der Politik, aber auch Fragen nach der Realität von Mondlandung, Chemtrails, CO2 als Ursache des Klimawandels und Bevölkerungsexplosion. Ich muss gestehen, dass ich mir zu vielem noch nicht ausreichend Urteilsgrundlagen erarbeitet habe. Obwohl ich feststellen konnte, dass viele Bilder der Mondlandung nicht auf dem Mond, sondern auf der Erde angefertigt wurden, reicht mir das nicht für ein abschließendes Urteil; ich muss die Frage, ob eine Mondlandung stattgefunden hat oder nicht, noch offenhalten.
Die einfache und schnelle Ablehnung als ‹Verschwörungstheorie› verhilft vielleicht zu einem festen Weltbild und erlöst aus dem Erleiden der Unsicherheit an der Erkenntnisschwelle; ist menschlich verständliche Angst vor dem Geist. Weiterführend ist sie nicht.
Die Buchrezension über ‹Nichts ist, wie es scheint› von Michael Butter finden Sie hier.